18. Dezember 2014
Weihnachtsgeschenk 4: ein Buch über Rosa
Spätestens zu Ostern fragt Rosa von Praunheim in unserer Skatrunde, ob wir uns denn schon hinreichend Gedanken über Weihnachtsgeschenke gemacht haben. Das Thema beschäftigt uns auch über den Sommer – und jetzt wird es wirklich ernst. Wenn wir heute Abend wieder Skat spielen (unseren sogenannten „Weihnachtsskat“) habe ich für alle am Tisch ein wunderbares Geschenk: das neue Buch über Rosa von Praunheim. Es ist gerade im Mühlbeyer Filmbuchverlag erschienen. Der Autor Julius Pöhnert hat mit dem Text 2009 in Mainz das Diplom in Mediendramaturgie erworben. Für die Publikation wurde er erweitert und aktualisiert. Pöhnert schreibt über Rosas Filme als Zeitdokumente, als Werke eines provokanten Künstlers, als Bestandteile der Schwulenbewegung, als Selbstdarstellungen. Er zitiert Rosa aus dessen zahlreichen Publikationen, hat die kritische Resonanz auf die Filme eingearbeitet und für seinen Text eine einleuchtende Struktur gefunden. Ausgangspunkt ist Rosa von Praunheim als Künstler, seine Ausbildung, sein Weg zum Filmemachen, seine Beeinflussung durch andere Künstler, die Verbindung von Privatheit und Öffentlichkeit in seinen Filmen. Dann geht es um visuelle Auffälligkeiten, um Farbe, Kitsch und bewussten Dilettantismus. Es werden Fragen nach „schwuler Ästhetik“ gestellt und nach Rosas Vermischung von Spiel- und Dokumentarfilm. Ein eigenes Kapitel handelt von „Menschenbildern“, von Frauen, Schwulen, Nazis und Spießern und von „Gegensätzen“, von Leere und Fülle, Lebenslügen und Lebenszielen, von „Normalität“ und „Perversion“. Und schließlich kommt Rosas „Aktivismus“ zur Sprache: in der frühen Schwulenbewegung, im Zusammenhang von AIDS, in Verbindung mit seinen Outing-Aktionen in den 1990er Jahren. Ein Nachwort summiert die Erkenntnisse. Das Literaturverzeichnis im Anhang ist umfangreich. Ganz am Ende des Buches findet man eine interessante Übersicht der Kameramänner und -frauen in Rosas Filmen. (Natürlich ist für mich Elfi Mikesch die beste.) Das Buch ist ein schönes Weihnachtsgeschenk nicht nur für Schwule. Für die Skatrunde ist natürlich das größte Weihnachtsgeschenk, dass Helene wieder mitspielen kann. Mehr zum Buch: provokation-in-rosa.html