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06. August 2014

Venedig literarisch und filmisch

2014.VenedigSie ist, aus der Sicht von Thomas Mann, „die unwahrscheinlichste der Städte“ und mit der Erzählung „Der Tod in Venedig“ hat er ihr 1912 ein literarisches Denkmal gesetzt. Der Passauer Literatur- und Medien-wissenschaftler Martin Nies analysiert im Zeitrahmen von 1787 bis 2013 literarische und mediale Bilder dieser Stadt. Dies ist seine Habilitationsschrift, sie wurde mit dem Wissenschaftspreis der Universität Passau ausgezeichnet und erweist sich – wenn man eine Affinität zu Venedig hat – als faszinierende Lektüre. Natürlich bildet die Literatur den Schwerpunkt, beginnend mit der Goethe-Zeit und dessen „Italienischer Reise“. E.T.A. Hoffmann, August von Platen, Nietzsche und Fontane kommen ins Spiel, Thomas Mann und Hugo von Hofmannsthal. Im zweiten Drittel des Buches dominiert das Kino, beginnend mit Josef von Bakys Ufa-Jubiläumsfilm MÜNCHHAUSEN (1943). Ein größeres Kapitel widmet sich Venedig als touristischem Filmraum im westdeutschen Nachkriegsfilm mit den beispielhaften Titeln ITALIENREISE – LIEBE INBEGRIFFEN (1957) von Wolfgang Becker, MANDOLINEN UND MONDSCHEIN (1959) von Hans Deppe und ROMANZE IN VENEDIG (1962) von Eduard von Borsody. Eine spezielle Aufmerksamkeit richtet der Autor auf den dritten Teil von Ernst Marischkas SISSI-Trilogie, SCHICKSALSJAHRE EINER KAISERIN (1957), der in Venedig endet. „Postmoderne Reflexe“ entdeckt er in dem britischen Film DON’T LOOK NOW von Nicholas Roeg (1973), der in Deutschland unter dem Titel WENN DIE GONDELN TRAUER TRAGEN zu sehen war. Interessant ist die Passage über die zwei Fassungen des Romans „Die Rote“ von Alfred Andersch (1960/72) mit dessen langen Verweis auf Antonionis Film IL GRIDO. Die Verfilmung des Andersch-Romans durch Helmut Käutner (1962) bleibt unerwähnt. Als filmische Venedig-Geschichten der Gegenwart bilden MEIN TRAUM VON VENEDIG (2008) von Michael Kreindl und THE TOURIST (2011) von Florian Henkel von Donnersmarck die Schlusslichter des Buches. Die sparsamen Abbildungen sind klug ausgewählt. Der Anhang enthält eine Bibliografie und eine Chronologie. Titelfoto: Günter Derleth. Mehr zum Buch: venedig-als-zeichen.html