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08. Oktober 2012

Pola

Eigentlich hieß sie Barbara Apolonia Chałupiec, wurde 1897 in Polen geboren, klaute einer Lyrikerin den Namen Negri, kam 1918 als Schauspielerin nach Berlin, wurde durch Ernst Lubitsch zum Stummfilmstar (CARMEN, MADAME DUBARRY, SUMURUN), folgte dem Regisseur 1924 nach Amerika, hatte dort Affären mit Chaplin und Valentino, aber wenig Erfolg im Kino, kehrte 1934 nach Deutschland zurück, drehte mit Willi Forst den Film MAZURKA, fuhr 1938 wieder nach Amerika und beendete dort ihre Karriere. Sie war eine Diva mit vielen Widersprüchen. Die Berliner Autorin Daniela Dröscher (*1977) hat das fiktionale Kapital des Negri-Lebens gespürt und daraus einen Roman gemacht: „Pola“. Er erzählt seine Geschichte – die Suche nach Anerkennung und Erfolg – aus der Perspektive der 1930er Jahre, anfangs in L.A., später weitgehend in Berlin. Zum Personal gehören im ersten Kapitel Marlene Dietrich und Mercedes da Costa, David O. Selznick und Louis B. Mayer, dann geht es, schon auf deutschem Boden, weiter mit Willi Forst, Arnold Pressburger, Emil Jannings, Albrecht Schönhals, dem Kanzler und dem Minister (die Namen Hitler und Goebbels werden ausgespart), mit Polas Mutter Eleonora und mit fiktivem Personal, angeführt von dem jungen, schönen Hermann Braun, mit dem es eine längere Liaison gibt (eine Assoziation zu Maria Braun ist beabsichtigt). Eingeschoben sind Rückblenden in die Kindheit und Jugend. Die eruptiven Gefühle der Hauptfigur bringen sie in Schwierigkeiten mit der Politik, das ist spannend zu lesen. Viele Fakten sind gut recherchiert – und wenn etwas nicht ganz stimmen sollte, kann sich die Autorin darauf berufen, dass es sich ja um einen Roman handelt. Sein Thema ist die Blindheit der Selbstliebe. Und die Welt des Films. Andreas Platthaus hat für die FAZ eine kritische Rezension geschrieben: 11874578.html