05. Oktober 2021
Das Dämmern der Welt
Werner Herzog, der 2022 achtzig Jahre alt wird, ist nicht nur als Filmemacher, sondern auch als Schriftsteller aktiv. Ich erinnere mich gern an „Vom Gehen im Eis“ (1978) oder „Die Eroberung des Nutzlosen“ (2004). Sein neuer Text, „Das Dämmern der Welt“, ist nicht als Roman oder Erzählung ausgewiesen, er erzählt die Geschichte des japanischen Nachrichtenoffiziers Hiroo Onoda, der auf einer philip-pinischen Insel nicht wahr-nimmt, dass der Krieg 1945 zu Ende ist. Er taucht im Dschungel unter und führt das Leben eines Einzelkämpfers. Anfangs gesellen sich noch zwei japanische Kameraden zu ihm, die aber auf der Strecke bleiben. Es gibt Unwetter und Regenzeiten, Schwierigkeiten, sich zu ernähren, die Gefahr, entdeckt zu werden. Fast dreißig Jahre, man kann es kaum glauben, ist Onoda auf der Insel Lubang unterwegs. Werner Herzog beschreibt dies im Präsens, mit poetischen Metaphern, in kurzen, chronologisch datierten Kapiteln, die spannend zu lesen sind. Der Autor hatte 1997, als er in Tokio eine Oper inszenierte, eine intensive Begegnung mit Onoda, die ihn zu seinem Buch inspiriert hat. Onoda ist 2014 gestorben. Mehr zum Buch: das-daemmern-der-welt/978-3-446-27076-3/