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05. März 2017

WO ICH WOHNE (2014)

2016.DVD.Wo ich wohneIm November des vergangenen Jahres ist die Schriftstellerin Ilse Aichinger in Wien gestorben. Sie wurde 95 Jahre alt. Der Film WO ICH WOHNE von Christine Nagel entstand noch zu ihren Lebzeiten. Er ist jetzt bei good!movies als DVD erschienen. Man kann hier durchaus von einem experimen-tellen Film sprechen, denn es mischen sich viele, oft geheim-nisvolle Elemente, die man als Zuschauer in Verbindung bringen muss. Eine Ebene sind Texte von Ilse Aichinger, aus ihrer Erzählung „Wo ich wohne“, aus Gedichten, Briefen und anderen Quellen. Die Bildebene ist dreigeteilt: es gibt Farbaufnahmen aus Wien und London in der Gegenwart, Spielszenen in Schwarzweiß, in denen eine junge Frau mit ihrem kleinen Sohn in verschiedenen Stockwerken eines Hauses – vom vierten Stock bis in den Keller – lebt und ihre Gedanken äußert, und Super-8-Aufnahmen von Ilse Aichinger aus den 60er und 70er Jahren. Die Schriftstellerin selbst ist nur in einer historischen Aufnahme aus dem Jahr 1971 zu sehen. Sehr präsent ist ihre Zwillingsschwester Helga, die in London lebt und von der Vergangenheit erzählt. Eine zentrale Rolle spielt die Stadt Wien, die vor allem mit Straßenbahnfahrten erschlossen wird. Gegen Ende werden Bilder aus einem Fotoalbum aus den 1930er Jahren gezeigt. Zwei Filmausschnitte haben spezielle Bedeutung: AUF WIEDERSEHEN, KINDER von Louis Malle verweist an einer wichtigen Stelle auf die Nazi-Zeit; DER DRITTE MANN von Carol Reed verbindet den Handlungsort Wien mit der Filmbegeisterung von Ilse Aichinger, die regelmäßig ins Kino gegangen ist und darüber eine eigenwillige Autobiografie verfasst hat („Film und Verhängnis“, 2001). „Abschiede“ in vielen Formen prägen das Werk von Ilse Aichinger – und dieser Film ist ein angemessener Abschied von ihr selbst. Mehr zur DVD: 81&cid=14076