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20. November 2014

Jean-Patrick Manchette

2014.ManchetteEr war ein großer französischer Autor, der Erneuerer des „Roman noir“, des „Néo-polar“. Er hat zehn lesenswerte Kriminalromane geschrieben, die auch in Deutschland publiziert wurden, und, was ich bisher nicht so genau wusste, viele journalistische Texte publiziert, zum Beispiel Filmkritiken für die Zeitschriften Charlie hebdo und L’Hebdo Hara-Kiri. Sie werden in diesem Buch erstmals auf Deutsch veröffentlicht. Es sind 36 Texte aus den Jahren 1979 bis 82. Jean-Patrich Manchette (1942-1995) schrieb auch als Journalist in einem sehr eigenen Stil, oft ganz nah am Leser („Wann habt ihr CITIZEN KANE das letzte Mal gesehen?“ oder „Was ihr unbedingt sehen müsst, und zwar gleich, weil er nicht mehr lange auf dem Programm stehen wird, ist DIE SIEBEN SAMURAI, ungekürzte Fassung.“) Die meisten Kritiken in seiner wöchentlichen Kolumne (ihr Titel: „Die Augen der Mumie“) galten Titeln aus der internationalen Filmgeschichte, die gerade in Paris zu sehen waren. Das beginnt mit NOW, VOYAGER von Irving Rapper mit Bette Davis, setzt sich fort mit ausführlichen Hinweisen zu G. W. Pabst, Fritz Lang (allein ihm gelten fünf Texte), Erich von Stroheim, Rainer Werner Fassbinder (drei interessante Kritiken zu DIE EHE DER MARIA BRAUN, LILI MARLEEN und LOLA), Alfred Hitchcock, Orson Welles, Howard Hawks (SCARFACE), Nicholas Ray, Elia Kazan (VIVA ZAPATA!: „Wie schwerfällig das alles ist! Wie betulich! Wie ersthaft! Wie erbärmlich!! Und wie schön ich das fand, als ich siebzehn war!“), John Cassavetes (GLORIA), Roberto Rossellini („Wir sollten die Lust an seinen Filmen, den raffinierten Einstellungen und all diesen Dingen, nicht den kopflastigen Filmologen überlassen.“), Godard, Kubrick, Kurosawa. Die Texte sind meinungsfreudig, mehr an den Formen als an den Inhalten interessiert, sie sind Dokumente eines Autors, die man mit Respekt und Vergnügen liest. Das Buch enthält außerdem ein Drehbuch von Manchette von 1968 („Irrungen und Zerfall der Todestanztruppe“), sechs Erzählungen aus den Jahren 1979 bis 85 und sieben Anmerkungen zum literarischen Krimi-Genre. Mit einem Vorwort des Herausgebers Doug Headline und einem Nachwort von Dominique Manotti. Mehr zum Buch: PORTRAIT_IN_NOIR.html