Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Monats
Juli 2016

Kristina Jaspers/Nils Warnecke/Gerlinde Waz (Hg.)
Things to Come
Science Fiction Film
Bielefeld, Kerber Verlag 2016
176 S., 40 €
ISBN 978-3-7356-0217-6

Kristina Jaspers/Nils Warnecke/Gerlinde Waz (Hg.):
Things to Come.
Science Fiction Film

Der Katalog zur Ausstellung des Museums für Film und Fernsehen, die am 29. Juni eröffnet wurde, herausgegeben von Kristina Jaspers, Nils Warnecke und Gerlinde Waz, die die Ausstellung kuratiert haben. Beeindruckend sind der Bilderreichtum und die differenzierten Blickrichtungen, aus denen das Genre Science Fiction betrachtet wird. Auch wenn Beispiele der vergangenen zehn Jahre im Vordergrund stehen: der historische Bogen spannt sich vom Beginn der Science-Fiction-Filmgeschichte mit der REISE ZUM MOND von Georges Méliès über Fritz Langs METROPOLIS und FRAU IM MOND bis zu THE VISIT von Michael Madsen und HIGH-RISE von Ben Wheatley. Pflichtlektüre für alle, die an Raumschiffen, Aliens und unserer Zukunft interessiert sind.

Der Katalog gliedert sich wie die Ausstellung in drei Bereiche: Der Weltraum – Die Gesellschaft der Zukunft – Das Fremde. Kurze Essays behandeln die jeweils wichtigsten Aspekte, pointierte Gespräche mit unterschiedlichen Fachleuten vertiefen die Darstellung.

Die Ausstellungskoordinatorin Vera Thomas führt uns in den Weltraum ein: mit Informationen über die filmischen Pioniere im All und die Entwicklung von Raumanzügen und Raketen. Bei Gerlinde Waz geht es um die Reise zum Planeten Mars, auf dem bisher nur eine Rakete mit dem Roboter Curiosity gelandet ist. Im Film hat es zuletzt Matt Damon in THE MARTIAN von Ridley Scott geschafft. Der Kunsthistoriker Marcus Becker beschreibt das kinematografische Raumschiffdesign im Wandel der Zeit („Silberne Raketen, weiße Kreuzer, düstere Frachter“). Nils Warnecke reflektiert über den Traum von der Schwerelosigkeit, Kristina Jaspers blickt auf die Frauen im Weltall und Gerlinde Waz ist sensibilisiert für die Kunst, die Stille klingen zu lassen („Kosmisches Schweigen“). Zwei Gespräche sind diesem Kapitel zugeordnet: mit dem deutschen Physiker und ehemaligen Astronauten Ulrich Walter („… und die Erde dreht sich unter mir weg“) und dem amerikanischen Production Designer Arthur Max („Die Zukunft beginnt mit einem leeren Raum“).

Die Texte sind nie ausufernd oder weitschweifig, sondern immer konkret und auf das wichtigste konzentriert. Der zweite Teil, „Die Gesellschaft der Zukunft“, wird eröffnet von dem Kunsthistoriker Marc Bonner mit einem Essay über die Moderne als Inspiration zur Inszenierung der Zukunft („Wohnmaschinen und fliegende Städte“). Auch hier meldet sich das Kuratorenteam zu Wort: Kristina Jaspers schreibt über „Mobilität, Konsum und letzte Menschen“, Gerlinde Waz über Androiden, Roboter und Cyborgs („Die Geister, die ich rief“), Nils Warnecke über den Weg von der Utopie zur Apokalypse („Schöne Aussichten?“). Drei weitere Texte stammen von Georg Simbeni (über den Einbruch von Nachrichten in die Realität), Beatrice Behn (über das Ghetto als imaginäre und geografische Ausgrenzung) und Rolf Giesen (über Virtualität als Angriff der Zukunft auf die Gegenwart). Gespräche wurden mit dem Neurobiotik-Forscher Manfred Hild (über die Entwicklung des Roboters Myon, der auch in der Ausstellung präsent ist) und dem schwedischen Drehbuchautor Lars Lundström (über die Fernsehserie ÄKTA MÄNNISKOR) geführt.

Im dritten Teil, „Das Fremde“, geht es um die Außerirdischen, die Aliens. Nils Warnecke und Kristina Jaspers führen mit ihren Texten „Besuch aus dem All“ und „Ferne Galaxien, fremde Spezies“ in das Thema ein. Rolf Giesen, dessen Sammlung in der Ausstellung endlich mal wieder genutzt werden konnte, schreibt über freundliche (E.T.) und weniger freundliche Aliens, Tim Lindemann über die besonders spektakulären Eindringlinge in INDEPENDENCE DAY von Roland Emmerich und Beatrice Behn über Ufo-Landungen und Alien-Invasionen. Auf Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, antworten der englische Physiker Chris Welch und der französische Theologe Jacques Arnould. Und ein interessantes Gespräch wurde mit der Kostüm- und Szenenbildnerin Monika Bauert geführt.

Man spürt im Katalog die intensive konzeptionelle Vorbereitung der Ausstellung, die ja auch auf Fragen der Gegenwart antworten soll, und die hervorragende Zusammenarbeit des Kuratorenteams. Im Anhang ist ein Verzeichnis aller Exponate zu finden, zum Teil mit Abbildungen oder Verweisen auf Abbildungen an anderer Stelle im Katalog. Die große Zahl der Leihgeber macht deutlich, wie gut inzwischen die Ausstellungsabteilung der Kinemathek mit Archiven vor allem in den USA und Frankreich verbunden ist – ein Resultat der vielen erfolgreichen Aktivitäten in den vergangenen Jahren, die vertrauensbildend gewirkt haben.

Ein Grußwort im Katalog stammt von Hortensia Völkers und Alexander Fahrenholz, den Vorständen der Kulturstiftung des Bundes, die das Ausstellungsprojekt gefördert hat. In seinem Vorwort stellt Rainer Rother das Thema der Ausstellung in einen filmhistorischen und einen aktuellen Zusammenhang.

Mehr zum Buch: www.kerberverlag.com/de/things-to-come.html