Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Monats
November 2017

ARRI AG (Hg.)
The Filmmaker’s View
100 Years of ARRI
München, Hirmer Verlag 2017
264 S., 49,90 €
ISBN: 978-3-7774-2857-4

ARRI AG (Hg.):
The Filmmaker’s View.
100 Years of ARRI

Vor 100 Jahren wurde in der Türkenstraße in München von dem Kameramann August Arnold und dem Maschinenbauingenieur Robert Richter die Firma Arnold & Richter, abgekürzt ARRI, gegründet. Das Unternehmen widmete sich „Film­aufnahmen“ und dem „Betrieb eines foto- und film-chemischen Laboratoriums“. Inzwischen beschäftigt die Firma weltweit 1.400 Mitarbeiter/innen, ihre Zentrale befindet sich noch immer in der Türkenstraße. Zum Jubiläum wurde eine Festschrift veröffentlicht, die in englischer Sprache im Hirmer Verlag erschienen ist.

200 Interviews wurden für die Vorbereitung dieses Buches geführt, mit Regisseurinnen und Regisseuren, Kameraleuten, Produzenten und anderen Personen, die sich zu ihrem Umgang mit filmtechnischen Geräten von ARRI geäußert haben. Auszüge aus rund 100 Interviews sind im Buch zu lesen. Die Reihenfolge ist alphabetisch. Ich greife zwanzig Personen heraus, deren Statements mir besonders gefallen haben:

Die Kamerafrau Natasha Braier erzählt von der Zusammenarbeit mit dem Regisseur Nicolas Winding Refn bei dem Film THE NEON DEMON und von ihrem Glück, mit der ALEXA-Kamera zu arbeiten.

Der Kameramann und Regisseur Christopher Doyle berichtet von Erfahrungen bei der Filmarbeit in China, die sich von denen in Europa sehr unterscheiden.

Der Kameramann James Gardner benennt die Unterschiede zwischen der Arbeit mit ARRIFLEX und ALEXA.

Jan Harlan, Regisseur und Produzent, erinnert sich an die Begeisterung von Stanley Kubrick für die Kameras und die Linsen von ARRI.

Agnieszka Holland, Regisseurin in Polen, erzählt, wie sie in Polen einen Geräteverwalter dazu gebracht hat, ihr für einige Tage eine ARRIFLEX 35BL auszuleihen; sie hat ihn mit einer Flasche Wodka bestochen.

Die Kamerafrau Judith Kaufmann machte als 19jährige Assistentin ihre ersten Erfahrungen mit ARRI-Kameras.

Der Kameramann Ed Lachman sieht in den digitalen Medien die Möglichkeit, einem Film einen eigenen Look zu geben.

Sein Film LIFE OF PI wurde für den Regisseur Ang Lee eine erste Reise in die Welt von 3D.

Juliane Lorenz, Präsidentin der Rainer Werner Fassbinder Foundation, hat bei der Restaurierung der Serie BERLIN ALEXANDERPLATZ beste Erfahrungen mit dem ARRISCAN gemacht.

Die Kamerafrau Sophie Maintigneux, die eigentlich Schauspielerin werden wollte, erinnert sich an den Moment, als sie bei den Dreharbeiten zu dem Film POUR QUOI PAS! heimlich die ARRIFLEX-Kamera öffnete, der Assistent sie deswegen beschimpfte, aber das gedrehte Material nicht verdorben war.

Bei dem Kameramann Chris Menges geht es noch einmal um die Unterschiedlichkeit von ARRIFLEX und ALEXA.

Der Regisseur Roman Polanski reflektiert über die Faszination beim Drehen und Schneiden eines Films und die Wirkung im Kino.

David Pozzi, Direktor der Cineteca di Bologna, macht anschaulich, wie eng seine Arbeit nicht nur mit der modernen Technologie, sondern vor allem mit seinen Händen und dem Berühren von Filmmaterial verbunden ist.

Edgar Reitz erzählt, wie er den Regisseur Werner Herzog überreden konnte, in dem Film DIE ANDERE HEIMAT die Rolle des Alexander von Humboldt zu übernehmen, und welche Bedeutung das Kameraauge für seine Arbeit hat.

Volker Schlöndorff denkt über das Verhältnis zwischen Regisseur und Kameramann nach.

Der Kameramann Vittorio Storaro erinnert sich an seine Zusammenarbeit mit dem Regisseur Bernardo Bertolucci.

Tom Tykwer erzählt von der Arbeit am Schneidetisch bei dem Film WINTERSCHLÄFER.

Der Kameramann Jost Vacano beschreibt, wie die Kamera zu einem Teil seines Körpers wurde.

Der Kameramann und Regisseur Joseph Vilsmaier hat viele Erinnerungen an die Firma ARRI, seit er dort 1953 ein Praktikum gemacht hat.

Wim Wenders blickt zurück auf seine Studienzeit an der HFF in München und die ersten Erfahrungen mit einem Kopierwerk.

Auch bei den anderen Statements sind es vor allem die persönlichen Erinnerungen und Erfahrungen, die beim Lesen Neugier und Emotionen auslösen. Ja, das Buch hat eine werbende Zielsetzung. Aber bei einer Firma, die gerade hundert Jahre alt wird, ist das auch gestattet. Für jede der rund 100 Personen sind zwei bis drei Seiten reserviert, die jeweils von einem Foto dominiert werden. Eingefügt sind hier und da Fotodoppelseiten, auf denen Studioarbeit abgebildet ist.

Das Buch wurde von Henning Rädlein konzeptioniert und zusammengestellt. Es bietet ein Panorama der Filmtechnik, fokussiert auf eine Firma, die weltberühmt ist.

Mehr zum Buch: www.hirmerverlag.de/de/titel-2-0/the_filmmaker_s_view-1546/