Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Monats
Mai 2008

Thilo Wydra
Romy Schneider
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008
160 S., 7,90 Euro
ISBN 978-3-518-18230-7

Thilo Wydra:
Romy Schneider

Sie gilt noch immer als die beliebteste deutsche Filmschauspielerin. Im kommenden September wäre sie siebzig Jahre alt geworden. Das wird gefeiert: mit Büchern, Filmen und Ausstellungen. Der kleine Band in der Reihe „Suhrkamp BasisBiographie“ ist also nützlich als Vorbereitung für die geplanten Festveranstaltungen. Seine drei Kapitel heißen: Leben, Werk, Wirkung.

Das Leben der Rosemarie Magdalena Albach begann 1938, im Jahr vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, in Wien als Tochter der Schauspielerin Magda Schneider und des Schauspielers Wolf Albach-Retty. Aufgewachsen zunächst bei den Großeltern, dann im Mädchenpensionat und schließlich im Internat. 1953 dreht sie ihren ersten Film, WENN DER WEISSE FLIEDER WIEDER BLÜHT. Ihr Partner ist damals Götz George. Bis zum Ende der Fünfziger schafft sie fast mühelos drei Filme pro Jahr, zwischen 1954 und 56 entsteht mit der SISSI-Trilogie (Regie: Ernst Marischka) ihr deutscher Mythos, dem sie etwas verzweifelt 1960 ins Ausland entflieht. Dort arbeitet sie mit Regisseuren wie Luchino Visconti, Orson Welles, Otto Preminger und Jules Dassin zusammen und entwickelt sich zum internationalen Star. Das wird in Deutschland eher misstrauisch beobachtet. Ihre wechselnden Liebesbeziehungen, zwei unglücklich endende Ehen, psychische Höhen und Tiefen, der Tod des 14jährigen Sohnes sind Themen der medialen Öffentlichkeit. Am 29. Mai 1982 stirbt Romy Schneider in Paris an Herzversagen.

Das Werk: 58 Filme vor allem in Deutschland, Italien, England und Frankreich. In den deutschen Filmen ist Romy Schneider das Mädchen auf dem Weg ins Leben. Später spielt sie kühle, emanzipierte Frauen und wird zu einer der ausdrucksstärksten europäischen Schauspielerinnen der siebziger Jahre. Zwölf Filme behandelt der Autor ausführlicher und resümiert: „Romy Schneiders Filme sind der Spiegel ihrer leidenschaftlichen Persönlichkeit und ihres unbehausten, unsteten Lebens.“ Vor allem die fünf Filme, die sie mit Claude Sautet gedreht hat, haben über ihre Zeit hinaus Bedeutung.

Die Wirkung: Ihr Nachruhm in Deutschland ist noch immer auf die SISSI-Filme fokussiert. Wim Wenders (lächelnd): „Ich habe alle drei SISSI-Filme gesehen, neben meiner Mutter sitzend, die die Dialoge auswendig konnte.“ Die internationale Verehrung ist durchaus ernst zu nehmen und findet bei allen möglichen Gelegenheiten ihren Ausdruck, wie etwa 2007 in Cannes, wo sie zu ihrem 25. Todestag von Michel Piccoli, Alain Delon und den Gästen der Preisverleihung in bewegender Form geehrt wurde. Ihr Grab in dem französischen Dorf Boissy-sans-Avoir ist immer blumengeschmückt, sie wurde auf einer deutschen Briefmarke verewigt, der InterCity 535 zwischen Wien und Villach trägt ihren Namen, und zahlreiche Websites signalisieren das Interesse speziell junger Menschen an Romy. Wydra erinnert in seinem Text auch an den Dokumentarfilm von Hans-Jürgen Syberberg (ROMY – PORTRÄT EINES GESICHTS, 1966), an die legendären deutschen Talkshows, in denen Romy mit Harry Meyen (1971) und Burkhard Driest (1974) zusammentraf, er zitiert die Tochter Sarah Biasini und die Schauspielerin Katja Riemann, die sich von der Wahrhaftigkeit des Spiels ihrer älteren Kollegin immer wieder berühren lässt.

Der Anhang des schmalen Büchleins enthält eine Zeittafel, Bibliografie, Diskografie, Filmografie und Register. Dieser 30. Band der „Suhrkamp BasisBiographie“ ist – nach Klaus Kinski – der zweite über eine Persönlichkeit des Films. Und Romy Schneider befindet sich dort immerhin in der Nachbarschaft von Mozart, Schiller und Wittgenstein.

Eine weitere Biographie von Romy Schneider, verfasst von Günter Krenn, ist in Zusammenarbeit mit der Stiftung Deutsche Kinemathek und dem Filmarchiv Austria im April 2008 im Aufbau Verlag erschienen.