Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Monats
Januar 2020

Isabelle Louise Bastian/Hans-Peter Reichmann (Red.)
Maximilian Schell
Frankfurt am Main, Deutsches Filminstitut Filmmuseum 2019
320 S., 39,80 €
ISBN: 978-3-88799-105-0

Isabelle Louise Bastian/Hans-Peter Reichmann (Red.):
Maximilian Schell

Er war Schauspieler, Regisseur und Produzent, lebte vorwiegend in Österreich und in der Schweiz, hatte eine berühmte Schauspielerin zur Schwester und gewann 1962 einen Oscar als bester Hauptdarsteller. Maximilian Schell (1930-2014) hat international Karriere gemacht. Ihm ist zurzeit eine Ausstellung im Deutschen Filmmuseum in Frankfurt am Main gewidmet. Die Qualität des Katalogs finde ich exzellent.

Hans-Peter Reichmann, Leiter der Sammlungen des DFF, erinnert sich an Begegnungen mit Maximilian Schell in dessen historischer Jagdhütte in Kärnten und bei zwei Besuchen des Künstlers in Frankfurt 2007 und 2011. Von Marion Löhndorf stammen Notizen zu den Filmrollen von Maximilian Schell, die uns durch die Zeit von 1961 (JUGDEMENT AT NUREMBERG) bis 2014 (LES BRINGANDS) führen. Die Beschreibungen seiner Gestik und Mimik, seiner Bewegungen und seiner Stimme sind beeindruckend in der Genauigkeit der Beobachtung. Bernd Kiefer befasst sich in seinem Text mit Maximilian Schells Literaturverfilmungen. Das waren Franz Kafkas „Das Schloss“ (Schell war 1968 Co-Autor des Drehbuchs), Iwan Turgenjews Novelle „Erste Liebe“ (1969/70), Friedrich Dürrenmatts Roman „Der Richter und sein Henker“ (1975) und Odön von Horwaths Theaterstück „Geschichten aus dem Wiener Wald“ (1978/79). „Von der Freiheit der Fantasie“ heißt die Überschrift.

Alfons Maria Arns richtet seinen Blick auf Maximilian Schells Filmrollen als deutscher Soldat. Er hat in elf Spielfilmen Soldaten „auf unterschiedlichsten Stufen militärischen Ranges und moralisch-politischer Positionierungen verkörpert“, die von Arns sehr präzise beschrieben werden. Patrick Seyboth sieht eine „tiefe Zerrissenheit und irritierende Empathie“ in der Darstellung der Hauptfigur in dem Film RETURN FROM THE ASHES (1965), einem Mörder mit schwarzer Seele.

Norbert Grob schreibt über Maximilian Schells zweiten Regie-Film DER FUSSGÄNGER, der 1974 als bester deutscher Spielfilm mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnet wurde und den Golden Globe als bester fremdsprachiger Film erhielt. Thematisiert wird das Leben eines deutschen Großindustriellen. Elizabeth M. Ward befasst sich mit dem Film THE MAN IN THE GLASS BOOTH (1975) von Arthur Hiller, der Schell in zwei unterschiedlichen Rollentypen zeigt.

Zu den herausragenden Dokumentarfilmen von Maximilian Schell gehört das Porträt MARLENE (1984), das er nach strengen Vorgaben der Protagonistin realisieren musste. Elisabeth Bronfen reflektiert über das „Porträt einer Ikone“, Werner Sudendorf rekonstruiert in einem präzisen Text die Entstehung des Films. Zwei Beiträge sind Maximilian Schells Dokumentarfilm über seine Schwester Maria gewidmet, sie stammen von Eva-Maria Magel und Ulrich Sonnenschein. Isabelle Louise Bastian informiert über Maximilian Schells Anfänge in Hollywood („The most fascinating European actor since Boyer“).

Dokumentiert ist ein Gespräch mit Maximilian Schell, das Heiner Gautschy für das Schweizer Fernsehen 1982 in München für eine Talkshow geführt hat. Bei Bernd Schultheis geht es um das Verhältnis von Maximilian Schell und der Musik, die für ihn eine ähnliche Bedeutung hatte wie die Bildende Kunst.

Dagmar Hirtz hat mehrmals mit Maximilian Schell als Cutterin zusammen­gearbeitet, Marion Craemer war seine Assistentin von 1975 bis 1993. Beide erzählen über ihre Erfahrungen in einem Gespräch mit Hans-Peter Reichmann und Isabelle Bastian. Daniel Kothenschulte informiert über den Sammler Maximilian Schell als Kunstvermittler. Dokumentiert ist ein Vortrag von Maximilian Schell über Probleme der Übersetzung und Interpretation aus der Sicht des Praktikers, den Maximilian Schell 1981 in Bochum gehalten hat. Bernd Eichhorn informiert schließlich über Maximilian Schells nicht realisierte Film- und Theaterprojekte.

Der Anhang enthält eine Biografie, eine Filmografie, eine Theatrografie, eine Auflistung von Talkshows, Features, Dokumentationen, Film- und Theater­projekten und einen Index.

Mit Grußworten der Geschäftsführerin der Hessischen Kulturstiftung, Eva Claudia Scholtz, und der letzten Ehefrau von Maximilian, Iva Schell, sowie einem Vorwort der DFF-Direktorin Ellen M. Harrington.

Alle Beiträge sind reich illustriert und verbinden die Texte mit gut ausgewählten Bildern. Dies war durch den Reichtum der Bestände des DFF möglich.

Als Ausstellungskatalog finde ich diese Publikation vorbildlich, weil sie das weite Spektrum der Tätigkeiten von Maximilian Schell sichtbar macht. Die Auswahl der Autorinnen und Autoren war hervorragend, weil alle mit großer Kompetenz ihre Themen behandeln. Das Verhältnis zwischen Bildern und Texten ist so ausbalanciert, wie man es sich nur wünschen kann. Ich bin beeindruckt.

Der Katalog ist in deutscher und in englischer Sprache erschienen.

Mehr zur Ausstellung und zum Katalog: maximilian-schell/