Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Monats
Januar 2010

Tullio Kezich:
Federico Fellini
Das Buch der Filme
Schirmer/Mosel, München 2009
320 S., 58 €
ISBN 978-3-8296-0423-9

Tullio Kezich:
Federico Fellini.
Das Buch der Filme

In diesem Monat, in diesem Jahr steht sein 90. Geburtstag auf dem Künstlerkalender. Federico Fellini, geboren 1920, gestorben 1993, war einer der großen Regisseure des zwanzigsten Jahrhunderts. Seinen ersten Film drehte er 1950, seinen letzten 1990. Sein Werk umfasst zwanzig lange Spielfilme, einen halblangen, drei Beiträge zu Episodenfilmen und einen Dokumentarfilm. Er hatte in den fünfziger und sechziger Jahren seine größten Erfolge, in den Siebzigern und Achtzigern auch viele Misserfolge. Über alle Jahrzehnte hinweg wurde er geliebt und verehrt als Inkarnation eines lebenslustigen und kreativen italienischen Künstlers. Mit mindestens fünf Filmen ist ihm so etwas wie eine Unsterblichkeit gewiss: LA STRADA, LE NOTTI DI CABIRIA, LA DOLCE VITA, OTTO E MEZZO, ROMA. 1993, ein halbes Jahr vor seinem Tod, erhielt er den Ehren-‚Oscar’ für sein Lebenswerk.

In der Filmliteratur hatte Fellini immer eine große Präsenz, vor allem weil der Zürcher Verleger Daniel Keel ihn für den Größten hielt. Im Diogenes-Verlag wurden deshalb fast alle Drehbücher publiziert, gesammelte Aufsätze und 1989 die voluminöse Biografie von Tullio Kezich. Bei Rowohlt gab es 1989 das kleine Fellini-Buch von Michael Töteberg, in der Heyne-Filmbibliothek einen Band von Claudio Fava und Aldo Vigano. Andererseits: in der Blauen Reihe des Hanser-Verlages erschienen Monografien über Antonioni, Bertolucci, Pasolini, Rosi, Rossellini, Visconti, aber keine über Fellini. Ein Beweis dafür, dass die Reihe zu früh eingestellt wurde. Der Herbig Verlag publizierte 1996 das Buch „Ich, Fellini“ von Charlotte Chandler, Diogenes 2005 eine Überrbeitung der Biografie. Seither war Stille auf dem Markt. Höchste Zeit also für etwas Neues. Das liegt mit Tullio Kezichs „Buch der Filme“ nun vor.

Der Autor, mit Fellini eng befreundet, führt uns durch das Werk des Regisseurs. Jedem der 25 Filme ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Es beginnt jeweils mit den Vorbereitungen des Projekts, schildert dann sehr detailliert den Inhalt und endet mit einem Bericht über den Erfolg oder Misserfolg. Die Texte sind zugeneigt, informativ, gelegentlich ein bisschen redundant.

Überwältigend ist das Bilderangebot. Mehr als 400 Fotos, Zeichnungen, Plakate und Dokumente sind in diesem Band versammelt. Der Materialreichtum verleitet dazu, in ihm spazieren zu gehen – auf der Suche nach bekannten Gesichtern, bizarren Entwürfen und phantasievollen Visionen, wie sie für Fellini und seine Filme typisch sind. Vor allem die späten Filme, von SATYRICON über E LA NAVE VA bis LA VOCE DELLA LUNA, sind in ihrer Irrealität und ihrem Farbenreichtum anschaulich vertreten.

Es ist schon erstaunlich, welche spezielle Begabung dieser Filmregisseur als Zeichner und Karikaturist hatte, wie er mit Proportionen und Verzerrungen spielen konnte, wie er Träume und Realitäten zu skizzieren vermochte. Hier hielt er eine Balance zwischen Storyboard und eigenem Kunstwerk, die es ganz selten gibt.

Natürlich löst so ein Buch den Wunsch aus, den einen oder anderen Film wiederzusehen. Und damit baut es die wichtigste Brücke in die Vergangenheit: dass einer wie Federico Fellini nicht in Vergessenheit gerät.