Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Monats
Juni 2008

Jörn Glasenapp/Claudia Lillge (Hg.)
Die Filmkomödie der Gegenwart
Wilhelm Fink Verlag, München 2008.
320 S., 16,90 Euro
ISBN 978-3-8252-2979-5

Jörn Glasenapp/Claudia Lillge (Hg.):
Die Filmkomödie der Gegenwart

Über die Filmkomödie gibt es deutlich weniger Bücher als über die meisten anderen Genres. Mir fallen aus dem deutschsprachigen Bereich eigentlich nur vier Publikationen ein, die ich regelmäßig konsultiere, wenn es ums Lachen im Kino geht: Georg Seeßlens „Klassiker der Filmkomik“ (1982), Thomas Brandlmeiers „Filmkomiker“ (1983), Rainer Dicks „Lexikon der Filmkomiker“ (1999) und der Band „Komödie“, herausgegeben von Heinz-B. Heller und Matthias Steinle in Thomas Koebners Reclam-Reihe der Filmgenres (2005). Woran auch immer dieser Mangel liegen mag – sei es, dass die Komödie nicht ernst genug genommen wird, sei es dass sie als Genre besondere Herausforderungen stellt – man ist gespannt auf jede interessante Neuerscheinung.

Sechzehn Filme aus der Zeit zwischen 1995 und 2005 behandelt der Band „Die Filmkomödie der Gegenwart“ in Einzelanalysen, von Danny Boles TRAINSPOTTING bis zu Andreas Dresens SOMMER VORM BALKON. Vier Filme stammen aus den USA, drei aus Frankreich, je zwei aus Deutschland, Großbritannien und Skandinavien, je einer aus Italien, Jugoslawien und Spanien. Es sind alles „Autorenfilme“, einige waren auch in Deutschland sehr erfolgreich (DIE FABELHAFTE WELT DER AMÉLIE, DAS LEBEN IST SCHÖN, LOST IN TRANSLATION), andere blieben bei uns eher unbeachtet (ALLEIN UNTER NACHBARN – LA COMUNIDAD, TANGUY – DER NESTHOCKER). Unter den Regisseuren finden wir Alain Resnais, Emir Kusturica, die Coen Brothers, Spike Jonze, Alexander Payne und Wolfgang Becker. Die Auswahl ergibt Sinn, ich vermisse eigentlich nur Leander Haußmanns SONNENALLEE. Zu Woody Allen und seinen Filmen existieren genügend Monografien.

In ihrem Selbstverständnis ist diese Publikation ein „Studienbuch“. Sie will ihren Gegenstand in den Bereich der Wissenschaft vermitteln. Das macht die Sprache manchmal etwas umständlich und die definitorischen Anstrengungen redundant. Aber die 17 Autorinnen und Autoren kommen den Filmen, über die sie schreiben, erfreulich nahe. Man spürt ihre Neugierde, die jeweiligen Mittel der Komik genau zu erkennen und zu charakterisieren. Die Zahl der Anmerkungen (Ausweis der Wissenschaftlichkeit) schwankt zwischen 17 und 70. Sigmund Freud („Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten“) und Henri Bergson („Das Lachen“) gehörten natürlich zur Pflichtlektüre.

Die Herausgeber, Jörn Glasenapp (Medienwissenschaftler an der Universität Köln) und Claudia Lillge (Komparatistin an der Universität Paderborn), haben als Autorinnen und Autoren vor allem Film- und Literaturwissenschaftler ausgesucht, die sich im Kultur- und Sprachbereich ihres gewählten Films gut auskennen. Denn es gibt bekanntlich auch nationale Aspekte der Komik.

Das Buch enthält keine Abbildungen, aber eine Bibliografie und ein Register. „Studienbücher“ erwarten von ihren Nutzern offenbar eine gewisse Askese. Selbst wenn es ums Lachen geht.