Oscars. Glamour auf dem roten Teppich

Ein Prachtband zur Fashion-geschichte der Academy Awards. Dijanna Mulhearn beschreibt den wachsenden Glamour auf dem roten Teppich von der ersten Oscar-Verleihung 1929, die noch als Dinner für geladene Gäste stattfand, bis zum Jahr 2022. Die Phasen waren durchaus unterschiedlich. Der Einfluss der Modeschöpfer wuchs über die Jahrzehnte. Aber es gab – zum Beispiel während des Zweiten Weltkriegs – eine erzwungene Sparsamkeit. In den 50er Jahren wurde die Weiblichkeit betont, die 70er waren flippig, die 80er prunkvoll, in den 2000ern kamen auch gewagte Kleider ins Spiel. Inzwischen gibt es eine Balance zwischen traditionell und experimentell. Anfangs waren die Kostümbildnerinnen und -bildner der Studios für die Kleidung der Stars zuständig, inzwischen sind es die weltweit dominierenden Modeschöpfer. Die Autorin informiert auf jeweils einer halben Seite über die spezifischen Auftritte jeden Jahres. 155 Schwarzweiß- und 432 Farbabbildungen stehen im Zentrum des Buches, 140 davon ganzseitig im Großformat 29 x 21 cm.  Genannt werden das Datum der Verleihung, der Schauplatz, die vier Preise für Darstellung und die Preise für den besten Film und das beste Kostümdesign. Eine große Präsenz haben die Darstellerinnen Ingrid Bergman, Joan Crawford, Bette Davis, Audrey Hepburn, Grace Kelly, Jane Fonda, Barbra Streisand, Nicole Kidman, Meryl Streep, Nicole Kidman und Cate Blanchett und der Darsteller Jack Nicholson. Mit einem Vorwort von Cate Blanchett und einem Brief von Giorgio Armani. Zweieinhalb Kilo Mode- und Filmgeschichte. Publiziert vom Prestel Verlag. Eine gute Vorbereitung für die Oscar-Verleihung Sonntagnacht. Mehr zum Buch: Dijanna-Mulhearn/Prestel/e611415.rhd

Shoot’em in the Head

Als Geburtsjahr des modernen Zombies gilt 1968: THE NIGHT OF THE LIVING DEATH von George A. Romero eröffnet eine neue Phase des Horrorfilms, die menschenfressenden Untoten bekommen eine große Präsenz auf der Leinwand. Sassan Niasseri erzählt die Geschichte der Zombies in Filmen und Serien an 25 ausgewählten Beispielen. Dazu gehören WOODOO – DIE SCHRECKENSINSE DER ZOMBIES von Lucio Fulci, BRAINDEAD von Peter Jackson, 28 DAYS LATER von Danny Boyle, RESIDENT EVIL von Alexander Witt, LAND OF THE DEAD von George A. Romero, WORLD WAR Z von Marc Foster und die Serien THE WALKING DEAD und Z NATION. Die Beschreibungen sind präzise, die Auswahl ist sach-kundig. Eingefügt sind Gespräche mit Beteiligten, den Darstellerinnen Judith O’Dea und Lon Cardille, den Darstellern Gaylen Ross, Terry Alexander, Eugene Clark und Matthias Schweighöfer. Ein Basiswerk mit Abbildungen in guter Qualität. Sehr zu empfehlen. Mehr zum Buch: titel/756-shoot-em-in-the-head.html

Das Serienkonzept

Wie lassen sich Konzepte für neue Serien am besten vermi-tteln? Der Ratgeber von Dennis Eick gibt Hinweise auf Logline und Kurzpitch, Ideen, Themen und Figuren, Tonalität, Setting und Dialoge. Der Autor konkre-tisiert dies mit sieben Konzept-beispielen: UNTER FREUN-DEN STIRBT MAN NICHT, eine Miniserie aus dem Jahr 2020, SOKO POTSDAM, eine Krimiserie des ZDF, deren erste Staffel ab 2018 ausgestrahlt wurde, HINDAFING, eine Satireserie des Bayerischen Rundfunk, von der es bisher zwei Staffeln gibt, WILD REPUBLIC, eine Dramaserie über jugendliche Straftäter, die resozialisiert werden sollen, gesendet 2021, FRAU JORDAN STELLT GLEICH, eine Comedyserie mit Katrin Bauernfeind als Gleichstellungsbeauftragte, von der es bisher drei Staffeln gibt, MAGDA MACHT DAS SCHON, eine Comedyserie über eine polnische Altenpflegerin, die in drei Staffeln von RTL ausgestrahlt wurde, und MEIN FREUND, DAS EKEL, eine ZDF-Miniserie mit Dieter Hallervorden, an der Dennis Eick als Autor mitgearbeitet hat. Eingefügt sind Statements vorwiegend von Produzentinnen und Produzenten. Ein hilfreiches Buch. Band 99 der Reihe Praxis Film. Mehr zum Buch: produkt/das-serienkonzept/

Populismus und Kino

In welcher Form wird das politische Denken in den USA in den Hollywoodfilmen der 1930er Jahre gezeigt? Johannes Pause analysiert beispielhaft zwölf Filme: RUGGLES OF RED GAP (1935) von Leo McCarey, MAN OF CONQUEST (1939) von George Nicholls jr., YOUNG MR. LINCOLN (1939) von John Ford, GABRIEL OVER THE WHITE HOUSE (1933) von Geoffrey La Cava, OUR DAILY BREAD (1934) von King Vidor, THE DARK HORSE (1932) von Alfred E. Green, THE PHANTOM PRESIDENT (1932) von Norman Taurog, HEROES FOR SALE (1933) von William A. Wellman, THE GRAPES OF WRATH (1940) von John Ford, MR.SMITH GOES TO WASHINGTON (1939) von Frank Capra, THE WIZARD OF OZ (1939) von Victor Fleming, MEET JOHN DOE (1941) von Frank Capra. Die Erkenntnisse sind beeindruckend. Am Ende wird ein Bogen in die Neuzeit geschlagen, als Filmbeispiel für den Neopopulismus wird THE MATRIX (1999) von den Wachowskis analysiert. Ein sehr lesenswertes Buch mit zahlreichen kleinen Abbildungen. Coverfoto: MR. SMITH GOES TO WASHINGTON. Mehr zum Buch: populismus-und-kino/?number=978-3-8376-6540-6

SHE SAID (2022)

Jody Kantor und Megan Twohey haben im Oktober 2017 in der New York Times die Missbrauchsvorwürfe gegen den Filmproduzenten Harvey Weinstein publik gemacht und wurden damit zu den wich-tigsten Initiatorinnen der #Metoo-Bewegung. Der Film von Maria Schrader erzählt die Geschichte ihrer Recherchen, zeigt die Schwierigkeit, die betroffenen Frauen von der Notwendigkeit der Veröffent-lichung zu überzeugen, von der sie negative Folgen für ihre berufliche Tätigkeit befürchten. Schrader ist ein sehenswerter Film gelungen. Großen Anteil daran haben die beiden Hauptdarstellerinnen Zoe Kazan (Jody) und Carey Mulligan (Megan), deren Beharrlichkeit beeindruckend ist. Der Film gewinnt zunehmend an Spannung. Am Ende ist Weinstein in einer kurzen Szene zu sehen. Auch die Montage des Films (Hansjörg Weißbrich) hat außerordentliche Qualitäten. Bei Universal ist jetzt die DVD des Films erschienen. Sehr zu empfehlen. Mehr zur DVD: universalpictures.de/m/she_said

Gespräch über Kunst und Politik

Der französische Schriftsteller Éduard Louis (*1992) schreibt erfolgreiche Romane und engagiert sich gesellschaftlich. Der schottische Regisseur Ken Loach (*1936) ist mit seinen sozialkritischen Filmen weltweit bekannt. Der dreißigjährige Autor und der 86jährige Filmemacher haben 2019 auf Einladung des Senders Al-Jazeera ein längeres Gespräch geführt, das jetzt auch in deutscher Übersetzung publiziert wurde. In einem ersten Dialog geht es um Arbeit und Gewalt, in einem zweiten um Politik und Transformation. In den meisten Konfliktfragen sind die beiden einer Meinung. Die sozialen Probleme in Frankreich und Großbritannien unterscheiden sich auch kaum. Nur als die Selbstermächtigung der besitzlosen Klassen zur Sprache kommt, plädiert Loach für die Wiederherstellung traditioneller Gemeinschaften mit dem Hinweis auf seinen Vater und Großvater, die Bergmänner gewesen sind. Louis widerspricht: „Wie hat wohl ein queeres Kind sein Aufwachsen in diesen Gemeinschaften von Bergleuten erlebt, von denen Du sprichst?“. Er wolle als Individuum das Recht haben, seine Gemeinschaft zu verlassen. Nach jedem Dialog der beiden gibt es Fragen von Zuhörern. 70 Seiten interessante Lektüre über Kunst und Politik. Mehr zum Buch: edouard-louis-ken-loach-gespraech-ueber-kunst-und-politik-9783103971736

Masken, Puppen und einsame Kinder

Die Suche und Interpretation von Filmmotiven gehören zu den großen Leidenschaften von Thomas Koebner. In seinem neuesten Buch geht es um Masken, Puppen und einsame Kinder. Hinter Masken können sich verunstaltete Körper, das Doppel-Ich, Agenten des Jenseits, wechselnde Gesichter, Böse oder Retter verbergen. Und es gibt ein kleines Panorama der Geschlechterrollen von „Charleys Tante“ bis zu Marlene Dietrichs „Doppelexistenz“. Die Zahl der Filme ist sehr groß. Auf dem Cover ist BRAM STOKER’S DRACULA von Francis Ford Coppola abgebildet. 17 Filme mit Puppen werden in Erinnerung gerufen, darunter DIE PUPPE von Ernst Lubitsch, FANNY OCH ALEXANDER von Ingmar Bergman, BEING JOHN MALKOVICH von Spike Jonze, WELCOME TO MARWEN von Robert Zemeckis, BLADE RUNNER von Ridley Scott, A. I. – ARTIFICIAL INTELLIGENCE von Steven Spielberg, ENSAYO DE UN CRIMEN von Luis Buñuel und KILLER’S KISS von Stanley Kubrick. Welche Mittel werden eingesetzt, um Angst oder Heiterkeit zu erregen? Die Beschreibungen sind präzise und machen Lust auf ein Wiedersehen. Einsame Kinder begegnen uns u.a. in L’ENFANT SAUVAGE von François Truffaut, KES von Ken Loach, SALAAM BOMBAY! von Mira Nair, CAPHERNAUM von Nadine Labaki, IWANS KINDHEIT von Andrej Tarkowski, JEUX INTERDITS von René Clément oder EMPIRE OF THE SUN von Steven Spielberg. Auch diese Welt wird anschaulich erschlossen. Ein höchst lesenswertes Buch mit Abbildungen in guter Qualität. Mehr zum Buch: titel/748-masken-puppen-und-einsame-kinder.html

Kinoboom, Kinosterben, Kinorenaissance

Klaus Christian Vögl war als Geschäftsführer der Fachgruppe Lichtspieltheater in der Wirt-schaftskammer Wien tätig und ist mit der Kinogeschichte seines Landes bestens vertraut. Vor fünf Jahren publizierte er das Buch „Angeschlossen und gleichgeschaltet: Kino in Öster-reich 1938-1945“. Das neue Buch informiert über die Situation des Kinos in Öster-reich von 1945 bis in die Gegenwart, beginnend mit einer Bestandaufnahme des Jahres 1945. Es folgt die Entnazifizierung in der Kinowirtschaft. Die Beziehungen zum Filmverleih werden neu geregelt. Die technischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen wandeln sich. Weitere Kapitel sind der Werbung für das Kino, der Kinostruktur und statistischen Daten, der staatlichen Kulturpolitik und Kinoförderung, der Programmierung, der Filmprädikatisierung, der Geschichte der Wochenschau, den Menschen im Kino, den Kommunalen Kinos und Programmkinos gewidmet. Eine Chronik ruft noch einmal den Boom des Nachkriegskinos, das Kinosterben in den 70ern und die Kinorenaissance in den 1980er Jahren in Erinnerung. Der Text hat einen persönlichen Tonfall, aber es gibt keine Anekdoten. Die Faktenlage des genannten Zeitraums wird präzise vermittelt. Mit zahlreichen Abbildungen vom Inneren und Äußeren ausgewählter Kinos. Nicht nur für Österreicher/innen lesenswert. Mehr zum Buch: kinoboom-kinosterben-kinorenaissance?number=BVW0011407

Gespräch mit Thomas Arslan

Wie Christoph Hochhäusler, Christian Petzold und Angela Schanelec, die in diesem Jahr mit ihren neuen Filmen im Wettbewerb der Berlinale vertreten waren, gehört auch Thomas Arslan zur sogenannten „Berliner Schule“. Sie haben die DFFB absolviert und bevorzugen eine reduzierte Erzählweise. Arslan schaffte es mit seinen letzten Filmen GOLD (2013) und HELLE NÄCHTE (2017) in den Wettbewerb der Berlinale. Sein neuester Film, VERBRANNTE ERDE, ist in Arbeit. Er hat mit Özkan Ezli und Bernd Stiegler im Juli 2022 ein Gespräch geführt, das in der Zeitschrift Augenblick auf 100 Seiten dokumentiert ist. Es trägt den Titel „Von den Figuren her denken“. Es geht um Innenräume, Kamera-Einstellungen, die Verwendung des Lichts, die Titel der Filme, Schauplätze, Einstellungen und Rhythmus, jugendliche Darsteller, Autos, Bewegungen und Fahrten, Migration, Identität und deutsch-türkischen Film, Familiengeschichten, die Berlin-Trilogie heute, Identitätspolitik, „Einfaches Spielen“ und „Method Acting“, Blicke und Gesten, Beobachtung von Beobachtung, Klassenbewusstsein, Utopien, Kadrierung, Rohmer und Pialat, das Gesagte und das Gezeigte. Mit Abbildungen und einer Arslan-Filmografie. Ein sehr informatives Heft. Mehr zum Heft: 754-thomas-arslan-von-den-figuren-her-denken.html

Meine 62. Berlinale

Dies war meine 62. Berlinale. Den „Goldenen Bären“ gewinnt der Dokumentarfilm SUR L’ADAMANT von Nicolas Philibert (Foto), den nicht gesehen habe. Ich habe neun Filme gesehen, darunter den Eröffnungsfilm SHE CAME TO ME von Rebecca Miller, der mir gut gefallen hat. Im Wettbewerb wurden fünf deutsche Filme gezeigt. Am besten fand ich ROTER HIMMEL von Christian Petzold, aber auch INGEBORG BACHMANN – REISE IN DIE WÜSTE von Margarethe von Trotta und IRGENDWANN WERDEN WIR UNS ALLES ERZÄHLEN von Emily Atef haben mich beeindruckt. Mit MUSIC von Angela Schanelec hatte ich dagegen Probleme. Er gewinnt den Preis für das beste Drehbuch. Christian Petzold bekommt den „Großen Preis der Jury“. Den Silbernen Bären für die beste Regie erhält Philippe Garrel für LE GRAND CHARIOT, den ich sehr gut fand. Den Silbernen Bären für die beste schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle gewinnt die achtjährige Sofia Otero in dem Film 20.000 ESPECIES DE ABEJAS von Estibaliz Urresola Solaguren. Die Hommage war Steven Spielberg gewidmet. Seinen neuen Film, THE FABELMANS, fanden wir sehr interessant.