Vico Torriani

Er war ein populärer Schlager-sänger aus der Schweiz und wurde in den 1950er Jahren zum Film- und Fernsehstar. Vico Torriani (1920-1998) spielte Hauptrollen in Filmen wie STRASSENSERENADE (1953), GITARREN DER LIEBE (1954), EIN HERZ VOLL MUSIK (1955), DER FREMDENFÜHRER IN LISSABON (1956), SIEBENMAL IN DER WOCHE (1957). Seine berühmtesten Fernsehsendungen waren Hotel Victoria (1961-68) und Der goldene Schuss (1967-70). Barbara Tänzler hat sich zusammen mit Torrianis Tochter Nicole auf die Spurensuche gemacht, Archive erschlossen und Zeitzeugen gefunden, die viel über die wechselhafte Karriere erzählen konnten. Die Biografie hat als Text ein hohes Niveau, informiert über die beruflichen Stationen und skizziert das treue Familienverhalten des Protagonisten. Beeindruckend: die Zahl und Auswahl der Bilder. Mehrere Jahrzehnte Kultur- und Medien-geschichte werden präsent. Der Untertitel der Biografie lautet „Ein Engadiner singt sich in die Welt“. Erschienen im Verlag NZZ Libro. Mehr zum Buch: biografie-taenzler

O.K. (1970)

Der Film von Michael Verhoe-ven war vor 51 Jahren der Festivalsprenger der 20. Ber-linale. Der Wettbewerb wurde damals abgebrochen, weil sich die Jury darüber zerstritt, ob der Film überhaupt hätte zuge-lassen werden dürfen, weil er geeignet sei „die Verständigung zwischen den Völkern zu ver-letzen“. Vor allem Jury-Präsi-dent George Stevens war dage-gen. Der Film erzählt eine Episode aus dem Vietnamkrieg, die im Bayerischen Wald spielt. Das Mädchen Phan Ti Mao (Eva Mattes) wird auf dem Fahrrad im Wald von fünf GIs angehalten und drangsaliert. Nach einer Leibesvisitation wird sie vergewaltigt und schließlich erstochen. Eine Strafanzeige gibt es nicht, am Ende ist alles „o.k.“. Ein auch formal sehr interessanter Film. In der Edition Filmmuseum ist jetzt die DVD des Films erschienen. Zum Bonusmaterial gehört ein Gespräch des Regisseurs Verhoeven und des Produzenten Rob Houwer über O.K. Das Booklet enthält eine informative Chronik der Produktion und Rezeption des Films von Stefan Drößler. Mehr zur DVD: info/p195_o-k-.html

Audrey & Hubert

Auf 24 großformatigen Seiten erzählt der Zeichner Philip Hopman die Geschichte einer Freundschaft zwischen der Schauspielerin Audrey Hepburn und dem Modedesigner Hubert de Givenchy. Seine Kleider erwiesen sich als spezielle Entwürfe für ihre Rolle in FRÜHSTÜCK BEI TIFFANY. Zitat: „Freunde fragten Audrey oft: ‚Audrey ist dieser Hubert dein Mann?’. ‚Oh, nein’, antwortete sie, ‚Er ist viel mehr als das. Wenn ich seine Kleider trage, fühle ich mich sicher. Ich fürchte mich vor nichts mehr.’“ Rund 100 Kleider und Anzüge sind abgebildet. Ein schönes Bilderbuch. Mehr zum Buch: produkt/audrey-hubert/

„Die große Illusion“

Die Ausstellung zu Bielefelder Kinogeschichte(n) aus 125 Jah-ren im Historischen Museum der Stadt wurde schon im Sep-tember eröffnet, ist aber zurzeit nicht zugänglich. Umso interes-santer ist es, im Katalog zu blättern und all das zu lesen, was in den informativen Texten vermittelt wird. „Technik des Kinos“ heißt das erste Kapitel, in dem Frank Bell den mühsamen Weg vom Stummfilm zum digitalen 6-Kanal-Dolby schildert. „Menschen im Kino“ porträtiert Unternehmer, die in Bielefeld Kinogeschichte geschrieben haben und würdigt dabei auch die Rolle des Personals. Zwei Söhne der Stadt werden im dritten Kapitel porträtiert: der Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau und der Tontechniker Joseph Massolle. Um die „Kulturgeschichte des Kinos“ geht es im vierten Kapitel, um die Architektur, die Innenausstattung, speziell die Kinosessel. Und das fünfte Kapitel gibt einen Überblick über alle Kinos auf Bielefelder Stadtgebiet seit 1895. Zu den Autorinnen und Autoren gehören neben Frank Bell Cornelia Filter, Christiane Heuwinkel, Alexandra Jacobson, Rosa Rosinski, Holger und Valentin Schettler. Der Dokumentenreichtum ist überwältigend. Die Abbildungen haben eine gute Qualität. Das Buch hätte dem Bielefeld-Fan Helmut Merker sehr gefallen. Mehr zum Buch: product-page/ausstellungsbuch-die-grosse-illusion

Alfred Hitchcock I. Der Mann aus London

Dies ist der erste Band einer Hitchcock-Biografie als Graphic Novel. Erzählt wird die Lebens-geschichte des Regisseurs bis zum Jahr 1938, der Abfahrt mit dem Schiff „Queen Mary“ von Southampton nach Amerika. Dramaturgie und Texte stam-men von dem Autor und Schau-spieler Noël Simsolo, die Zeich-nungen von dem Grafiker Dominique Hé. Das Opening ist dem Film PSYCHO gewidmet, der Kinofassade in Paris und den Reaktionen in Berlin, Tokio und Dakar. Es folgt eine Szene im Haus von Alfred und Alma in L.A. 1960. Dann werden wir nach Cannes zu den Dreharbeiten von ÜBER DEN DÄCHERN VON NIZZA (1964) entführt, wo Hitchcock seinem Hauptdarsteller Gary Crant seine Lebensgeschichte erzählt. Sie beginnt 1904 in London, wo der kleine Alfred von seinen Eltern beim Mittagsschlaf allein gelassen wird und Angst bekommt. Sie setzt sich fort im College, in Zeichenkursen, in einer ersten Anstellung bei Famous-Players-Lasky als Zeichner von Zwischentiteln (wo er Alma Reville kennenlernt) und führt zur ersten Regie zusammen mit dem Autor Seymour Hicks 1922. Und nach einer Assistentenphase geht es als Regisseur steil bergauf, mit einem Ausflug nach Berlin. Alle Phasen der Hitchcock-Biografie sind bekannt. Aber es ist ein besonderes Vergnügen, sie in grafischer Form vermittelt zu bekommen. Natürlich in Schwarzweiß, aber mit vielen Nuancen. Ich freue mich auf den zweiten Band, der demnächst erscheinen soll. Eine sehr lesenswerte Rezension des Buches hat Georg Seeßlen in epd Film publiziert: alfred-hitchcock-1-der-mann-aus-london. Mehr zum Buch: alfred-hitchcock-1-mann-aus-london.html

Hier und anderswo

Eine Dissertation, die an der Universität Wien entstanden ist. Peter Grabher untersucht darin die Darstellung des Verhältnis-ses zwischen Israel und Palästi-na im essayistischen Film von 1960 bis 2010. Seine Analysen konzentrieren sich auf einen Korpus von zehn Filmen. Dies sind DESCRIPTION D’UN COMBAT (1960) von Chris Marker, DESCRIPTION OF A MEMORY (2006) von Dan Geva, JUSQU’À LA VICTOIRE (1969, nicht vollendet) von der Groupe Dziga Vertov, ICI ET AILLEURS (1976) von Jean-Luc Godard und Anne-Marie Miéville, THE ANGEL OF HISTORY (2000) von Ariella Azoulay, LOCAL ANGEL – THEOLOGICAL-POLITICAL FRAGMENTS (2002) und MECHILOT (2006) von Udi Aloni, PRIVATE INVESTIGATION (2002) und JINGA48 (2009) von Ula Tabari und THE TIME THAT REMAINS (2009) von Elia Suleiman. Die Analysen sind eng mit der Darstellung der jeweils herrschenden politischen Situation verbunden. Basisliteratur zum Thema. Mit Abbildungen in sehr guter Qualität. Coverfoto: DESCRIPTION OF A MEMORY. Band 82 der „Marburger Schriften zur Medienforschung“ im Schüren Verlag. Mehr zum Buch: 624-hier-und-anderswo-msm-82.html

FAUST. EINE DEUTSCHE VOLKSSAGE (1926)

Die Produktionsgeschichte des FAUST-Films von F. W. Mur-nau ist labyrinthisch und kon-fliktreich. Eigentlich wollte Ernst Lubitsch 1923 den Stoff in Hollywood verfilmen. Die Screen-Tests sind erhalten und werden auf dieser FAUST-DVD erstmals veröffentlicht. Dann wurde daraus ein UFA-Projekt. Gesetzt war Emil Jannings als Mephisto, die Verpflichtung amerikanischer Stars für wichtige Rollen scheiterte. Gösta Ekman spielte schließlich den Faust, Camilla Horn das Gretchen, Wilhelm Dieterle den Valentin. Das Drehbuch schrieb Hans Kyser, hinter der Kamera stand Carl Hoffmann. Viele Bilder sind vom Dunkel der Nacht bestimmt. Noch vor der Premiere reiste Murnau nach Hollywood ab. Die UFA ließ Gerhart Hauptmann die Zwischentitel formulieren, sie waren ihr dann aber zu literarisch. Die Firma befand sich in finanziellen Schwierigkeiten, Erich Pommer trat als Produktionschef zurück. Hans Kyser stritt sich mit Hauptmann über die Zwischentitel. Der Kapellmeister Franco Fideli weigerte sich, die Musik kurzfristig zu komponieren. Für ihn sprang Werner Richard Heymann ein. Die Premiere fand am 14. Oktober 1926 im Ufa-Palast am Zoo in Anwesenheit des Reichskanzlers Wilhelm Marx statt. Auch Emil Jannings war da bereits nach Hollywood abgereist. Es wurden Telegramme von ihm und Murnau vorgelesen. Ökonomisch war der Film kein Erfolg für die UFA. Es wurden international eine Million Mark eingespielt, die Kosten betrugen zwei Millionen. Auf der DVD sind erstmals die rekonstruierten Zwischentitel von Gerhart Hauptmann zu lesen und ist die neu komponierte Begleitmusik von Richard Siedeoff zu hören. Das Booklet enthält eine interessante Chronik der Produktionsgeschichte von Stefan Drößler. Mehr zur DVD: 196_Faust–Eine-deutsche-Volkssage.html

100. Geburtstag

 

 

 

 

 

 

Heute feiert meine Schwiegermutter, Erika Goldau, in Hannover ihren 100. Geburtstag. Ein besonderer Tag in schwieriger Zeit. Wir umarmen sie aus der Ferne.

Im Herzen Gaukler

Im vergangenen Dezember wurde Armin Mueller-Stahl 90 Jahre alt. Sein Lebenswerk als Schauspieler, Musiker, Maler und Schriftsteller ist voluminös. Das Buch von Frank-Burkhard Habel konzentriert sich auf seine Arbeit vor der Kamera. In chronologischer Folge werden alle Kino- und Fernsehfilme kommentiert, in denen er mit-gewirkt hat, beginnend 1955 mit der Aufzeichnung der Theater-aufführung EIN FREMDES KIND in der Volksbühne für das Fernsehen der DDR, endend 2017 mit der ZDF-Dokumenta-tion MANFRED KRUG – EINE DEUTSCH-DEUTSCHE GESCHICHTE, in der Mueller-Stahl als Zeit-zeuge befragt wurde. 146 Titel werden in diesem Zusammenhang ausführlicher gewürdigt, mit kurzen Inhaltsangaben, der Charakterisie-rung der Rolle von AMS, Zitaten zur Rezeption und aus Interviews des Darstellers. Die umfangreichsten Texte gibt es zu KÖNIGSKINDER (1962), …UND DEINE LIEBE AUCH (1962), NACKT UNTER WÖL-FEN (1963), PRELUDIO 11 (1964), DAS UNSICHTBARE VISIER (1973-76), GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT (1978), LOLA (1981), AVALON (1990), DIE MANNS – EIN JAHRHUNDERTROMAN (2001) und THE INTERNATIONAL (2009). Hinweise gibt es auch auf seine Synchronarbeit und die Mitarbeit an Hörspielen. Die Lektüre des Bandes erhöht den Respekt vor der künstlerischen Leistung. Mit Abbildungen in guter Qualität. Coverfoto: DIE MANNS. Mehr zum Buch: im-herzen-gaukler.html

Ein Leben auf unserem Planeten

David Attenborough (*1926) ist Naturforscher und gilt als einer der berühmtesten Tierfilmer der Welt. Er engagiert sich seit vielen Jahrzehnten für die Zu-kunft unseres Planeten und hat jetzt, 94jährig, seine Lebens-geschichte als Buch publiziert. In einem ersten Teil erzählt er als „Zeugenbericht“ konkrete Erlebnisse aus den Jahren 1937: erste Wahrnehmungen der Natur; 1954: erste Afrikareise für die BBC; 1960: zweite Afri-kareise, Erinnerungen an Bernhard Grzimek; 1968: Über-tragung der Mondlandung im Fernsehen; 1971: Reise nach Neuguinea; 1978: 13-teilige Sendereihe LIFE ON EARTH; 1989: in den Regenwäldern von Borneo; 1997: Filmarbeit auf dem Ozean; 2011: in der Arktis und der Antarktis; 2020: Bestandsaufnahme des Zustands der Erde. Der zweite Teil stellt Prognosen „Was vor uns liegt“: in den 2030er, 2040er, 2050er, 2080er, 2100er Jahren. Im dritten Teil wird eine „Vision für die Zukunft“ formuliert: Wie wir die Wildnis zurückbringen. Der letzte Satz des „Fazits“ heißt: „Die Zukunft unseres Planeten, der, soweit wir wissen, der einzige Ort ist, an dem Leben in den unterschiedlichsten Formen möglich ist, steht auf dem Spiel.“ (S. 251). Ein beeindruckendes Buch. Mit Abbildungen in guter Qualität. Mehr zum Buch: David-Attenborough/Blessing/e585493.rhd