„Was wäre geschehen, wenn…?“

Eine Dissertation, die an der Universität Bayreuth entstanden ist. Marina Hartnack unter-nimmt darin „Eine Analyse der filmischen Konstruktion alter-nativhistorischer Geschichts-bilder des Nationalsozialismus“. Nach historischen und defini-torischen Vorbemerkungen geht es zunächst um „Gedankliche Geschichtsbildung“, „Schrift-liche Geschichtsbildung“ und schließlich um „Visuelle Geschichtsbildung“, konkrete Filmbeispiele gibt es in diesem Zusammenhang noch nicht. Die folgenden im Kapitel „Alternativhistorische Filme über National-sozialismus und Zweiter Weltkrieg zwischen Damals und Jetzt“. Analysiert werden zwei Filme über England unter deutscher Besatzung, WENT THE DAY WELL? (1942) von Alberto Cavalcanti und IT HAPPENED HERE (1966) von Kevin Brownlow, und zwei Filme über Attentate auf Adolf Hitler: HITLER DEAD OR ALIVE (1942) von Nick Grunde und INGLOURIOUS BASTERDS (2009) von Quentin Tarantino. Die vier Filme werden sehr präzise beschrieben und im Sinne der Themenstellung von der Autorin als alternativhistorisch gedeutet. Die Lektüre dieses Kapitels fand ich sehr spannend. Mit Abbildungen in akzeptabler Qualität. Mehr zum Buch: nodus/378.htm

LEUCHTTURM DES CHAOS (1983) & DER HAVARIST (1984)

Sterling Hayden (1916-1986) war Seefahrer, Hollywoodstar und Schriftsteller. Zu einem persönlichen Trauma wurde für ihn seine Aussage vor dem House Un-American Activities Committee 1951. Seine bekann-testen Filme sind wohl THE ASPHALT JUNGLE (1950) von John Huston, JOHNNY GUITAR (1954) von Nicholas Ray, THE KILLING (1956) von Stanley Kubrick und THE LONG GOODBEYE (1973) von Robert Altman. Wolf-Eckhart Bühler hat über Sterling Hayden zwei abendfüllende Filme realisiert, die jetzt als DVD in der Edition Filmmuseum erschienen sind. LEUCHTTURM DES CHAOS ist ein Dokumentarfilm, den Bühler zusammen mit Manfred Blank gedreht hat. Hayden saß auf seiner Barkasse im Hafen von Besançon an fünf Tagen vor der Kamera von Bernd Fiedler und erzählte sein Leben. Oft war er volltrunken, aber seine Erinnerungen wirken präzise. Der Film dauert 114 Minuten. Wahnsinn! Anschließend hat Bühler – nach der Autobiografie „Wanderer“ von Sterling Hayden – den fiktionalen Film DER HAVARIST gedreht. Hayden wird hier von drei Personen dargestellt: Burkhard Driest (dialogische Ebene), Hannes Wader (erzählerische Ebene) und Rüdiger Vogler (monologisch und reflektierend). Das gibt dem 92minütigen Film eine experimentelle Dimension. Hinter der Kamera stand Peter Gauhe, die Musik stammt von Konstantin Wecker. Die Doppel-DVD enthält außerdem den 44-Minuten-Film VOR ANKER, LAND UNTER (1982), den Wolf-Eckhart Bühler über Hayden für den WDR realisiert hat. Im sehr informativen Booklet sind ein Essay von Alf Mayer über Sterling Hayden und ein Interview von Alf Hofmann mit Wolf-Eckhart Bühler zu lesen. Insgesamt: eine tolle Hommage an Hayden. Mehr zur DVD: Leuchtturm-des-Chaos—Der-Havarist.html

Das Deutschbuch

Richard Blank (*1939) ist Regisseur, Autor und Philosoph. Seine Filme FRIEDLICHE TAGE (1984) und PRINZENBAD (1993), seine Bücher über Bernhard Wicki („Jenseits der Brücke“, 1999), die Geschichte des Filmlichts („Film & Licht, 2011) oder „Arbeit mit Schau-spielern“ (2016) schätze ich sehr. Jetzt hat er ein Buch publiziert, in dem der Film nur am Rande vorkommt, es geht um Deutschland und die Deutschen. In 21 Kapiteln unternimmt Blank eine Spurensuche, bei der Geschichte und Gegenwart eng verknüpft werden. Hier sind einige ausgewählte Themen: „Das Lied der Deutschen“ (über den Text unserer Nationalhymne), „Mythologie“ (über die Germanen), „Dämonen“ (über den Umgang mit Geschichte), „Bauernland“ (über die Natur), „Goethe“ (was man bei der Lektüre entdecken kann), „Sang“ (über Volkslieder“), „Deutsche Tugenden“ (Ordnung, Fleiß, Ehrlichkeit, Pünktlichkeit), „Bleiben“ (über das Leben in unserem Land), „Heimat“ (wo und warum man sich zuhause fühlt), „System“ (über das Denken des Philosophen Ernesto Grassi, bei dem Blank studiert hat), „Wald“ (in der Romantik, bei H.D. Thoreau und Elias Canetti), „Größe“ (körperlich, moralisch, finanziell), „Neugierde“ (über Reisen des Autors nach Russland), „Fremde“ (über das Zusammenleben mit ihnen), „Über alles: Freude“ (Europa). Blanks Text ist reflektiert, manchmal assoziativ, gelegentlich befindet er sich im Dialog mit seiner 14jährigen Enkelin Leonie, er zitiert aus dem Spiegel und der Zeit, aus der Literatur, er erinnert sich an viele Momente seines Lebens, an seine Eltern, an seine Filmarbeit mit Bernhard Wicki oder Rafael Klachkin. Italien spielt eine gewisse Rolle, weil er einen zweiten Wohnsitz in Ligurien hat. Die Unter-schiede zwischen den beiden Ländern kann er gut vermitteln. In Deutschland wohnt Blank in München-Solln. – Dies sind 112 Seiten spannende Lektüre, die ich sehr empfehlen kann. Mehr zum Buch: das-deutschbuch.html

Hitchcock/ Polanski

Seit 16 Jahren finden in Mannheim Seminare zum Thema „Psychoanalyse und Filmtheorie“ statt. Die Vorträge werden in der Buchreihe „Im Dialog“ im Psychosozial-Verlag veröffentlicht. Zuletzt erschien der Band über Akira Kurosawa (kurosawa-3/ ). Zwei Bände, die vergriffen waren, sind jetzt in Neu-auflage publiziert worden. Über Alfred Hitchcock kann man sechs interes-sante Texte lesen. Sie stammen von Gerhard Bliersbach („Die eindringen-den Blicke“), Marli Feldvoß („Hitch-cock und die Frauen“), Ursula von Keitz („Die Spirale. Zu einer obsessi-ven Form bei Alfred Hitchcock“), Gerhard Schneider („Höhenschwindel – psychoanalytische Anmerkungen zu Trauma und Melancholie in Hitchcocks VERTIGO“), Peter Bär („Hitchcocks Spiel mit dem Zuschauer“) und Gerhard Schneider („Tödliche (Ent-)Bindungen“).

Über Roman Polanski äußern sich Annegret Mahler-Bungers („Die Metamorphosen des ‚Bösen’ – Über-legungen zur Filmographie Romans Polanskis“), Rainer Reffert („’Der Tragik ins Gesicht lachen…’ – Schär-fung, Ent-schärfung, Ver-schärfung – psychoanalytische Überlegungen zu Roman Polanskis Kurzfilmen“), Peter Bär („Parabeln und surrealistische Fingerübungen – zu den Kurzfilmen von Polanski“), Angelika Zitzelsberger-Schlez („Tödliche Verwandlung – vom Selbstverlust zur Selbstvernichtung“), Gerhard Midding („Der halluzi-nierte Raum – zu DER MIETER“), Joachim F. Danckwardt („Ästhetik des medialen Realismus gegen die Verleugnung des Zivilisations-bruchs. Polanskis Stellung in der Genealogie der Holocaust-Verfil-mungen“) und Ursula von Keitz („Von der Schwierigkeit der autobio-graphischen Form im Film – zu Roman Polanskis THE PIANIST“). Angefügt sind drei Einführungen zu Polanski-Filmen von Angelika Zitzelsberger-Schlez im Cinema Quadrat: ROSEMARIES BABY, EKEL und DAS MESSER IM WASSER. Mit Abbildungen und Literaturhin-weisen. Schön, dass diese Bände wieder verfügbar sind. Mehr zu den Büchern: id/2827 / id/2828

Wachgeküsst. 20 Jahre neue Kulturpolitik

Die Kulturhoheit in der Bundes-republik liegt laut Grundgesetz bei den Ländern. Seit zwanzig Jahren gibt es – dank einer Ini-tiative des damaligen Bundes-kanzlers Gerhard Schröder – einen/eine Beauftragte/n der Bundesregierung für Kultur und Medien. Die bisherigen Amts-inhaber/innen waren Michael Naumann, Julian Nida-Rüme-lin, Christina Weiss und Bernd Neumann. Zurzeit ist es Monika Grütters. Das Jubiläum wurde am 29. Oktober im Foyer des künftigen Humboldt-Forums gefeiert. Und Olaf Zimmermann, seit 1997 Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, hat aus diesem Anlass eine Publikation herausgegeben, die nicht nur die Kulturpolitik der vergangenen zwanzig Jahre bilanziert, sondern ein Rückblick auf die (west)deutsche Kulturpolitik insgesamt ist. Beindruckend: die 90-Seiten-Einleitung von Zimmermann: „Aufbruch zu neuen Ufern oder wie die Bundeskulturpolitik sichtbar wurde“. Die fünf oben genannten Kulturstaatsminister/innen wurden von dem Journalisten Hans Jessen sehr sachkundig interviewt, das ist eine spannende Lektüre. Gerhart R. Baum, Wolfgang Thierse, Hans-Joachim Otto, Oliver Scheytt, Matthias Theodor Vogt und Klaus-Dieter Lehmann äußern sich zur Bundes-kulturpolitik vor 1998. Acht Beiträge handeln vom Aufbruch der Bundeskulturpolitik, besonders spannend fand ich die Texte von Knut Nevermann („Rückblick auf eine Geburt“) und Günter Wienands („Von den Anfängen des BKM bis heute“). In acht Beiträgen geht es um die Gesetzgebung für Kunst und Kultur. Zehn Texte richten ihren Blick auf die Kulturförderpolitik, besonders spannend finde ich die Beiträge von Hortensia Völkers & Alexander Fahrenholz („Zukunftslabor Kultur-stiftung des Bundes“), Hans Gerhard Hannesen („Die Akademie der Künste auf dem Weg in die Trägerschaft des Bundes“), Hermann Parzinger („Stiftung Preußischer Kulturbesitz – Herkunft und Zukunft“), Hartmut Dorgerloh („Humboldt Forum – in der Mitte der Hauptstadt für die Welt“) und Charlotte Sieben („Kultur 3.0 – die Kulturveranstal-tungen des Bundes in Berlin“). In den acht noch folgenden Kapiteln haben mich besonders die Texte von Jan-Ole Püschel („Welt am Draht – Medienpolitik des Bundes in Zeiten der Konvergenz“), Uwe Neumärker („Denkmal für die ermordeten Juden Europas“) und Michelle Müntefering („Acht gute Gründe, warum BKM eine ausge-zeichnete Idee war“) interessiert. In meiner Zeit als Vorstand der Stiftung Deutsche Kinemathek war ich stark in die kulturpolitischen Veränderungen involviert. Christina Weiss hat die Kinemathek 2003 in die finanzielle Verantwortung des Bundes übernommen. Ich war mit allen Kulturstaatsminister/innen bestens vertraut und wurde von Bernd Neumann 2010 zum Kurator des Hauptstadtkulturfonds ernannt. Ich habe viel vom BKM profitiert. Dafür bin ich der Einrichtung und vielen Personen, die dort tätig waren/sind, sehr dankbar. Mehr zum Buch: wachgekuesst/

Fantastisches in dunklen Sälen

Dokumentiert sind in diesem Buch sechs Beiträge zu einem Symposium von FILMZ – Festival des deutschen Kinos, das 2017 in Mainz stattgefun-den hat. Das Herausgeber-Duo Christian Alexius und Sarah Beicht leitet den Band mit Über-legungen zum deutschen Genre-kino ein. Bei Huan Vu geht es um Genrefilm und Fantastik im Spannungsfeld der deutschen Geschichte („Lange Schatten“). Marcus Stiglegger äußert sich zur historischen und aktuellen Bedeutung fantastischer Genres im deutschen Kino („German Angst?“). Lars R. Krautschick entdeckt Exemplarisches zu Gesell-schaftsbetrachtungen im deutsch(sprachig)en Horrorfilm („Sozialkritik unter asozialen Bedingungen“). Christian Pischel gibt einen Überblick zur Kasuistik des deutschen Weltraumfilms („..daß keiner groß zu denken hätt’. / Befolgend dies ward der Trabant / ein völlig deutscher Gegenstand.“). Rasmus Greiner hält eine Vorlesung zur „Mystifizierung des demografischen Wandels in DIE VERMISSTEN“. Tobias Haupts sieht eine gewisse Tendenz im Neuen Deutschen Genrefilm („German New Weird“). Interessante Lektüre mit Abbildungen in akzeptabler Qualität. Mehr zum Buch: fantastisches-in-dunklen-saelen.html

DEFA in Thüringen

Das Buch basiert weitgehend auf einer Ringvorlesung, die 2016/17 an der Universität Erfurt stattgefunden hat. In zehn Textbeiträgen wird das Verhältnis zwischen Thüringen und der DFEA thematisiert, die Darstel-lung des Landes in einzelnen Filmen und die Bedeutung spezieller Drehorte. Jens Riederer äußert sich zum Bild Goethes und Weimars in LOTTE IN WEIMAR und die Kulturpolitik der SED („Klassik als Kulisse im Schaufenster des Sozialismus?“). Anne Barnert richtet ihren Blick auf Buchenwald im DEFA-Film („Filmische Denkmale“). Bei Julia Dünkel geht es um den Drehort Pößneck („Das Hollywood des Ostens“). Anett Werner-Burgmann erinnert an DIE SIEBEN AFFÄREN DER DONA JUANITA und ROMEO UND JULIA AUF DEM LANDE („Thüringer Liebesgeschichten zwischen Stadt und Land“). Dorett Molitor informiert über den Film WEIMAR, DU WUNDERBARE („ein Weimar-Porträt von Egon Günther“). Michael Grisko beschäftigt sich mit dem Film RIVALEN AM STEUER („Zwischen Argentinien und der Wartburg“), Wieland Koch mit Roland Gräfs Film FARIAHO…! („Durch Thüringen mit schwerem Gepäck“). Günter Agde porträtiert den Wochenschau-Kameramann Albert Ammer. Ralf Forster befasst sich mit Modernisierungen des DEFA-Wirtschaftsfilms am Beispiel von Carl Zeiss Jena („Im Dienste des Fortschritts“). Patrick Rössler erinnert daran, „Wie der Film in die Thüringer Kinos kam…“. Interessante Informationen zur DEFA-Geschichte. Mit Abbildungen in guter Qualität. Filmstudien Band 76. Coverabbildung: DENK BLOSS NICHT, ICH HEULE. Mehr zum Buch: /3848741482 oder 29665

Filmanthropologie

Karl Sierek (*1952) ist emeri-tierter Professor für Geschichte und Ästhetik der Medien an der Friedrich-Schiller-Universität Jean und wissenschaftlicher Leiter des Béla Balázs-Instituts für Laufbildforschung in Wien. Er hat zuletzt 2017 das Buch „Der lange Arm der Ufa. Filmische Bilderwanderung zwischen Deutschland, Japan und China 1923-1949“ publiziert. Sein Buch zur Filmanthropologie ist zwei-geteilt. Zunächst geht es um Kinoanthropologie, also vor allem um die Zuschauerinnen und Zuschauer: Bildanimismus und filmischen Raum, Dialogische Subjektivität, Erregungsbild und Negative Anthropologie. Spannender finde ich den zweiten Teil, der einzelne Regisseure und Filme in den Blick nimmt: Plansequenz und Kontingenz bei Béla Tarr, Einstimmen und Abweichen in den Filmen der Coen Bros., Mikrogestik und Mikromimik in den Filmen THE SHANGHAI GESTURE, LETTER FROM AN UNKNOWN WOMAN und SUNSET BOULEVARD, Bilder vom Inneren des Körpers in einem Medizinfilm und in FANTASTIC VOYAGE, der Rote Faden durch KONSINZEWS WOHNUNG von Alexandr Sokurow, Montage und Synästhesie in HELAS POUR MOI von Jean-Luc Godard. Wir bewegen uns bei der Lektüre auf einem hohen theoretischen Niveau, sind aber auch nahe an den Filmen. Die technische Qualität der Abbildungen ist grenzwertig. Mehr zum Buch: 978-3-658-22448-6

JEAN AMÉRY – DIE TORTUR (2018)

Er war ein österreichischer Schriftsteller, ein Widerstands-kämpfer gegen den National-sozialismus, aber auch ein Opfer der Gewaltherrschaft. Seit 1955 nannte sich Hanns Mayer Jean Améry. Er lebte von 1912 bis 1978 und starb durch Suizid. Der Film von Dieter Reifarth ist eine beeindruckende Dokumentation seiner Person. 1943 wurde er in Brüssel beim Verteilen von Flugblättern verhaftet, im Auffanglager Fort Breendonk inhaftiert und gefoltert. Im Januar 1944 wurde er ins Konzentrationslager Auschwitz gebracht. Er hat überlebt. Seine Schilderungen der Ereignisse wirken lakonisch. Seine autobiografische Essaysammlung „Jenseits von Schuld und Sühne – Bewältigungs-versuche eines Überwältigten“ erschien 1966. Sie ist ein zentraler Text der Holocaust-Literatur. Der 58-Minutenfilm hat eine starke Wirkung durch seinen Protagonisten. Als Ergänzungen enthält die DVD die Lesung des Textes „Die Festung Derloven“ von Jochen Nix und Betrachtungen von Irène Heidelberger-Leonard, der Autorin einer Améry-Biografie und Herausgeberin der Werkausgabe. In vier Audiofiles kann man Lesungen von Jean Améry hören. Mehr zur DVD: JEAN+AMÉRY+-+Die+Tortur

Duisburg Düsterburg

Heute Abend findet die Preisver-leihung der 42. Duisburger Filmwoche statt. Und ihr Leiter, Werner Ružička, verabschiedet sich nach 33 Jahren aus der Verantwortung für das Doku-mentarfilmfestival. Zwei Tage haben Matthias Dell und Simon Rothöhler im März mit Ružička gesprochen und daraus ein sehr interessantes Buch gemacht, das rechtzeitig zur Verabschiedung im Verbrecherverlag erschienen ist. Sehr reflektiert wird über die Geschichte der Duisburger Filmwoche geredet, die anfangs als Jahresschau des (west-)deutschen Films geplant war und sich schnell auf den Dokumentarfilm konzentriert hat. An der Gründung 1976/77 war ich noch selbst beteiligt. Die Vorgängerin von Werner Ružička war Angela Haardt, eine Schlüsselrolle spielte Klaus Wildenhahn als Mitglied der Auswahlkommission. Auch der DGB hatte dort einen Vertreter. Interessant waren die Debatten über den Dokumentarfilm, es wurde nach jeder Vorführung diskutiert. Es gab heftige Auseinandersetzungen über die Qualitäten des beobachtenden und des essayistischen Dokumentarfilms, den Ružička persönlich bevorzugte. Harun Farocki war für ihn eine Leitfigur. Der erste Teil des Gesprächs konzentriert sich auf die Entstehung und Entwicklung der Filmwoche bis 1990, um die neue und alte Linke im Ruhrgebiet der 70er Jahre, im zweiten Teil geht es vor allem um die Beziehungen zur Leipziger Dokumentarfilmwoche, um Filmemacher wie Volker Koepp, Thomas Heise und Gerd Kroske, um Veränderungen nach der Wende, aber dann auch noch um die Gründung des „Ruhrfilmzentrums“ durch Christoph Hübner und Gabriele Voss. Eingefügt ist ein kleiner Fotobereich, abgeschlossen wird das Buch mit einem Essay von Harun Farocki: „Dreißig Jahre Düsterburg“ (2006). Mehr zum Buch: book/detail/956