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02. Mai 2018

Erzählte Moderne

Immer wieder werden die künstlerischen Aufbrüche der Weimarer Republik themati-siert. In diesem von Andreas Blödorn, Christof Hamann und Christoph Jürgens herausge-gebenen Buch geht es um „Fiktionale Welten in den 1920er Jahren“. Der erste und umfangreichste Teil – 13 Texte – ist der deutschsprachigen Literatur gewidmet. Drei Beiträge haben mir besonders gut gefallen: Susanne Catreins und Christof Hamanns Essay über „Betrachten und Beschreiben in Robert Walsers ‚Seeland’“, Jacques Le Riders Anmerkungen zu Karl Kraus („Der Mann, der Romane nicht mochte“) und Luisa Bankis Gedanken zu „Leidenschaft und weiblichem Genießen in Stefan Zweigs ‚Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau’“. Die fünf Texte des zweiten Teils richten den Blick auf die internationale Literatur, spannend: „Der enzyklopädische Strukturplan des ‚Ulysses’ von James Joyce“ von Ulrich Ernst. Im dritten Teil geht es um „Mediale Aspekte des Erzählens in der Moderne“. Kristina Fink hat Arthur Schnitzlers Typoskripte untersucht und daraus eine Textgenese von „Fräulein Else“ und „Flucht in die Finsternis“ entwickelt. Metin Genç schreibt über „Medienpositionen und -negationen in Melchior Vischers ‚Sekunde durch Hirn’“ („Gehirnkino“). Stephan Brössel entdeckt die drei Filmromane von Arnold Höllriegel (eigentlich: Richard A. Bermann) wieder und gibt ihnen eine neue Bedeutung. Michael Töteberg erinnert daran, wie die Filmindustrie mit dem Drehbuchautor einen Schriftsteller-Typus kreierte („Die Ufa sucht keine Dichter“). Andreas Blödorn beschäftigt sich mit Dr. Mabuse als einer intermedialen Reflexionsfigur zwischen Film (Fritz Lang) und Roman (Norbert Jacques). Und Christoph Jürgensen äußert sich schließlich zum Exotismus im Schlager der Zwanziger Jahre („Was macht der Maier am Himalaya?“). Eine interessante Publikation, erschienen im Wallstein Verlag. Mehr zum Buch: erzaehlte-moderne.html