Aktuelles
01. April 2018

DEFA-Verbotsfilme, Box 2

Die erste Box mit DEFA-Ver-botsfilmen enthielt zehn Titel, konzentrierte sich auf Produk-tionen der Jahre 1965/66 und erschien 2016 bei Icestorm (die-defa-verbotsfilme/ ). Jetzt gibt es eine zweite Box mit acht Titeln. Ihr zeitlicher Horizont reicht von 1950 bis 1981. Es sind drei Filme dabei (DIE SCHÖNSTE, DAS KLEID und SOMMERWEGE), die ich noch nie gesehen habe. Dies sind die Filme in zeitlicher Reihenfolge: DAS BEIL VON WANDSBEK (gedreht 1950) ist eine Verfilmung von Arnold Zweigs Roman, inszeniert von Falk Harnack. Ein Fleischermeister (gespielt von Erwin Geschonneck) übernimmt 1934 heimlich die Rolle eines Henkers, tötet vier politische Gefangene und wird dafür gut bezahlt. Aber die Tat spricht sich herum, die Kunden sind entsetzt, seine Frau erhängt sich, und am Ende bringt er sich um. Nach fünf Wochen Laufzeit wurde der Film auf Druck der Sowjets abgesetzt, 1962 gab es eine gekürzte Fassung; die DVD enthält die Originalfassung (111’) und die gekürzte Fassung (79’). Als historischer Film etwas plakativ, aber dennoch beeindruckend. – SONNENSUCHER (1958) von Konrad Wolf erzählt von Arbeit und Leben im Uranbergbau in Wismut 1950. Deutsche und Sowjets kooperieren, Männer und Frauen suchen die richtigen Partner. Mit Günther Simon, Erwin Geschonneck, Ulrike Germer und Manja Behrens. Kamera: Werner Bergmann. Sehr realitätsnah. Auf sowjetischen Druck vor der geplanten Premiere 1959 zurückgezogen, 1972 freigegeben. – DIE SCHÖNSTE (1957-59) von Ernesto Romani (Pseudonym von Ernst Rechenmacher) und Walter Beck lässt uns am Leben zweier Familien in Westberlin teilhaben, einer reichen und einer armen, aber rechtschaffenen. Die beiden Söhne klauen den Schmuck ihrer Mütter, die Ehen geraten in die Krise, doch es gibt ein Happyend. Wegen ideologischer Fragwürdigkeit wurde der Film nicht freigegeben, auch die Hinzufügung einer Rahmenhandlung mit Manfred Krug als Sänger änderte daran nichts. Im Jahr 2000 wurde das Schnittmaterial neu montiert, die Uraufführung fand 2002 statt. Die beiden Ehepaare werden von Willy A. Kleinau und Ursula Burg, Gerhard Bienert und Gisela May gespielt. Das ist amüsant. – SOMMERWEGE (1960) von Hans Lucke zeigt, wie zwei ehemalige Freunde im Rahmen der Kollektivierung der Landwirtschaft zu Gegnern werden und sich am Ende doch versöhnen. Mit Johannes Arpe und Bruno Carstens. Damals wegen „gravierender künstlerischer Schwächen“ nicht zugelassen, heute als historisches Dokument interessant. – DAS KLEID (1961) von Konrad Petzold, Drehbuch: Egon Günther, ist die Verfilmung eines Märchens von Hans Christian Andersen. Schauplatz: ein Kaiserreich hinter Mauern. Hauptfigur: ein eitler Herrscher, dem zwei Webergesellen ein besonders schönes Kleid versprechen. Am Ende steht der Kaiser nackt da, weil nur kluge Menschen das Gewand erkennen können. Der Film wurde im August 1961 Opfer des Mauerbaus und erst 1991 uraufgeführt. Mit Wolf Kaiser, Eva-Maria Hagen, Horst Drinda und Werner Lierck. Satire mit Qualitäten. – DIE RUSSEN KOMMEN (1968) von Heiner Carow. Die existentiellen Erfahrungen eines Hitlerjungen im Frühjahr 1945. Erst wird er als Held gefeiert, dann als Verbrecher verfolgt. Wegen „Psychologisierung des Faschismus“ verboten, 2015 rekonstruiert. Starke Bilder des Kameramannes Jürgen Brauer. – DIE TAUBE AUF DEM DACH (1973) von Iris Gusner. Eine junge Bauleiterin im Süden der DDR kann sich nicht zwischen zwei Männern entscheiden. Damals „wegen falscher Sicht auf die Arbeiterklasse“ verboten. Nur als Schwarzweißkopie erhalten geblieben. Starke Schauspieler (Heidemarie Wenzel, Günter Naumann, Andreas Gripp), Kamera: Roland Gräf. – JADUP UND BOEL (1980) von Rainer Simon. Ein Bürgermeister in der Altmark wird mit Jugenderlebnissen in der Nachkriegszeit konfrontiert, als ein marodes Gebäude einstürzt und ein Buch mit Widmung zum Vorschein kommt. Erst 1988 zugelassen. Mit Kurt Böwe und Katrin Knappe. Kamera: Roland Dressel. Intensiv wirkende Bilder. – Acht Filme, die sich zu einem interessanten Spektrum der DDR-Zensur fügen. Am stärksten sind für mich SONNENSUCHER, DIE TAUBE AUF DEM DACH und JADUP UND BOEL. Mehr zu Box: defa-verbotsfilme-box-2.html

Frohe Ostern!