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20. Februar 2018

Moritz de Hadeln

Er war Direktor der Filmfest-spiele in Nyon (1969-1979), Locarno (1972-1977), Berlin (1980-2001) und Venedig (2003-2004). Man kann eine Biografie von Moritz de Hadeln (*1940) also durchaus „Mister Filmfestival“ titeln. Der Schwei-zer Kulturredakteur Christian Jungen erzählt in seiner Ein-leitung sehr stolz, wieviel Arbeit er in dieses Buch investiert hat: „Ich habe über 15.000 Briefe, Telegramme, Faxe, E-Mails und Reiseberichte durchgesehen, die er [Moritz de Hadeln] geschrie-ben oder erhalten hat, ebenso las ich Tausende von Presseartikeln. Daneben habe ich über 200 Stunden Oral-History-Interviews mit ihm und seiner Frau Erika geführt sowie weitere 100 Stunden mit 70 Weg-gefährten, Filmemachern und Festivalmitarbeitern.“ Sieben Jahre hat der Autor offenbar in das Buch investiert. Es gibt spannende Kapitel (über Nyon und Locarno), interessante Informationen (über de Hadelns Brückenbau nach Amerika, in die Sowjetunion und nach Asien) und Momente der Empathie (das Scheitern einer Neugründung in Montreal). Andererseits fallen sprachliche Unebenheiten auf („Eklat an der Preisverleihung“) und Legendenbildungen: Aus Rücksicht auf die Sowjetunion (sie wollte NINOTSCHKA nicht im Programm haben) wurde die Ernst Lubitsch-Retrospektive 1984 auf die Filme bis 1933 verkürzt. Bei de Hadeln (O-Ton) heißt es jetzt: „Doch wir zeigten das Meisterwerk während des Festivals trotzdem und zwar im Kino Paris, das gleich gegenüber dem Urania lag, wo die Retrospektive ihre Heimat hatte.“ An diesem Satz stimmt leider nichts.

Ich habe in den 1980er Jahren als Leiter der Retrospektive mit Moritz de Hadeln zusammengearbeitet. Er war an dieser Sektion nicht sehr interessiert und hat mir viele Freiheiten gelassen; so konnten wir zum Beispiel die Retros zum 3-D-Film, zum Filmexil, zu Special Effects, zum Farbfilm und zu den Jahren 1939 und 1945 machen. Dann übernahm Wolfgang Jacobsen die Verantwortung für die Retrospektive, der zum Festivaldirektor eine gute Verbindung hatte. Wichtig waren de Hadeln die mit einer Hommage geehrten Schauspielerinnen und Schauspieler aus Hollywood, Frankreich und Italien. Mit dem Gast James Stewart hat er da 1982 eine eigene Sektion des Festivals gegründet, zu der viele Jahre eine spezielle Publikation erschien, die von der Kinemathek verantwortet wurde. Morgen wird de Hadelns Biografie in der Audi-Berlinale-Lounge präsentiert. Mehr zum Buch: moritz-de-hadeln-mister-filmfestival