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16. August 2017

„Warten auf Goebbels“

Vor 24 Jahren hat Hans-Christoph Blumenberg im Rowohlt Verlag das Buch „Das Leben geht weiter“ publiziert, eine hervorragend recherchierte Dokumen-tation über „den letzten Film des Dritten Reiches“. Jetzt hat Bernd Schroeder (*1944) diesen Stoff für seinen Roman „Warten auf Goeb-bels“ fiktionalisiert. In einem Prolog, 122 meist sehr kurzen Kapiteln und drei Epilogen erzählt er die Geschichte einer Filmproduktion in der Lüneburger Heide, die unter der Schirmherrschaft des Propagandaministers Joseph Goebbels von August 1944 bis April 1945 stattfindet, also in einer Zeit, in der manche noch an den Endsieg glauben, die meisten aber mehr an die Zeit danach denken. Der Film trägt hier den Titel „Krahwinkel“, der Regisseur heißt Konrad Eisleben, der Produktionsleiter Kurt Reiter, die Hauptdarstellerin (mit dem Regisseur verheiratet) Johanna Leise, zwei Hauptdarsteller sind Karl Molitor und Viktor von Kolwitz. Die Filmhandlung hat kaum Ähnlichkeiten mit dem Sujet von „Das Leben geht weiter“, aber Schroeder schildert relativ realistisch, wie in jener Zeit gearbeitet und geredet wurde, wie das Filmteam und die Dorfbewohner miteinander ausgekommen sind, wie das Projekt sich veränderte und lange die Frage im Raum stand, ob Goebbels zu einem Auftritt in der Lüneburger Heide erscheint. In zwanzig Kapiteln erzählt der Autor die Biografien der wichtigsten beteiligten Personen, zwanzig weitere Kapitel sind Goebbels-Zitate aus der Zeit von 1914 bis 1945. Hinter einigen fiktionalen Figuren verbergen sich reale Personen: mit Konrad Eisleben ist Wolfgang Liebeneiner gemeint, mit Kurt Reiter sicherlich Karl Ritter, Johanna Leise dürfen wir als Hilde Krahl identifizieren, der Darsteller Viktor von Kolkwitz soll wohl Viktor de Kowa sein, aber auf den schwulen Karl Molitor lassen sich weder Gustav Knuth noch Heinrich George projizieren. Viel Stoff für einen 236-Seiten-Roman, der Autor hat ihn auch in der Dramaturgie sehr pointiert aufgelöst. Mehr zum Buch: 978-3-446-25452-7/