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14. Juli 2017

Film Noir

Am Ende seines präzise und konzentriert formulierten Textes stellt Thomas Brandl-meier fest, dass der Film noir nicht nur – wie Paul Schrader und Raymund Durgnat in den 70er Jahren konstatierten – ein Stil, sondern ein Genre ist, genauer: ein Subgenre des Melodrams, und zitiert Um-berto Eco: „Zwei Klischees sind lächerlich, hundert Klischees sind ergreifend. Denn irgendwie geht einem plötzlich auf, dass die Klischees miteinander sprechen und ein Fest des Wiedersehens feiern“. Der Autor fokussiert seinen Essay (70 Seiten) auf die Zeit von 1941 bis 1955 und thematisiert mit konkreten Filmbeispielen die veränderten Geschlechterrollen, Amnesie und Nachkriegsschock, moralische Ambiguität, politische Polarisierung, Kalten Krieg und atomare Bedrohung, Paranoia, Entfremdung und Klaustrophobie, psychosomatische Motive, Fetischismus, Amnesie und Verdrängung, Nekrophilie, den homme fatal und den Fetischcharakter des Geldes. Natürlich ist Brandlmeier mit den 158 Filmen, die er im Anhang dem Genre zuordnet, bestens vertraut. Die 310 Fotos auf 60 Bildseiten bilden eine zweite Ebene mit Schnittpunkten zum Text, aber auch eigenständigen, pointierten Ideen (zum Beispiel: Feuer geben und Rauchen, S. 71, Black widow und Femme fatale, S. 103-105). Keine Einführung ins Thema, für Kenner der Filme eine spannende Lektüre. Die Abbildungen sind dank der Papierqualität erstaunlich gut. Coverfoto: am Set von SUNSET BOULEVARD. Mehr zum Buch: WWODaSiJbV4