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06. Oktober 2016

Bruch der Weltenlinie

2016-bruch-der-weltenlinieVon Gilles Deleuze stammt die Idee vom „Riss der Weltenlinie“, durch den die Realität in Filmen „lückenhaft“ ist und „Übergänge absichtlich schwach gehalten sind“. Daran knüpfen Norbert Grob und Bernd Kiefer mit ihrem beeindruckenden Buch „Bruch der Welten-linie“ an, das gerade bei Bertz + Fischer erschie-nen ist. Vier Kapitel strukturieren die 46 Texte: „1. Jahre des Aufbruchs (Das Kino der 1960er Jahre)“. „2. Ära der Konsolidierung (Das Kino der 1970er Jahre)“. „3. Hin zur Vielfalt (Das Kino der1980er Jahre)“ und „4. Ausblick (Anything Goes)“. Der Bogen spannt sich von Luchino Visconti und Robert Bresson zu David Cronenberg und den HISTOIRE(S) DU CINEMA von Jean Luc Godard. Beide Autoren können auf bereits veröffentlichte Texte zurückgreifen, die sie zum Teil überarbeitet haben. Sechs Texte (über Antonioni, Alexander Kluge, Johannes Schaaf, Bernardo Bertolucci, Werner Herzog und Alan Rudolph) waren bisher unveröffentlicht. 22 Texte stammen von Norbert Grob, zwölf von Bernd Kiefer, sechs haben die beiden Autoren gemeinsam verfasst. Sie fühlen sich dem „Freibeutertum“ der Mainzer Filmwissenschaft verpflichtet, wie es Thomas Koebner einmal in seinem Aufsatz über „Die Komplexität der Filmbilder“ beschrieben hat. Darauf wird gleich zu Beginn der Einleitung hingewiesen. Und dann liest man wunderbare Texte über Nicholas Ray, Stanley Kubrick, die Nouvelle Vague, Sam Peckinpah, John Cassavetes, Robert Altman, Martin Scorsese, Wim Wenders, Michael Cimino, Bob Dylan, Jacques Rivette, Clint Eastwood, Werner Schroeter, André Techiné, Bertrand Tavernier, Wong Kar-wai, Michael Mann, Steven Soderbergh, Fatih Akin und Christian Petzold: Essays, Porträts, Hommagen. In vier Exkursen geht es um die „Ästhetik der Verzauberung“, „Vincent von Gogh im Film“, „Moderne Filmtheorien“ und „Körpergeschichten bei Susan Sontag, Michael Foucault, Robert Mapplethorpe und Derek Jarman“. Die Balance zwischen Theorie und konkreter Analyse ist immer ausgewogen. Das zeichnet ja die Mainzer Filmwissenschaft insgesamt aus. Dass man in den Texten und im Register keine Fehler entdeckt, ist mit Sicherheit Isabelle Louise Bastian zu verdanken, die als Herausgeberin hervorragende Arbeit geleistet hat. Viele Abbildungen in guter Qualität. Coverfotos: LE MÉPRIS und PARIS, TEXAS. Mehr zum Buch: bruchderweltenlinie.html