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04. Oktober 2016

Berlin im Feuilleton der Weimarer Republik

UMS3593_DS16-07.inddEine Dissertation, die an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz entstanden ist (Fachbereich Philosophie und Philologie). Eike Rautenstrauch analysiert die Kurzessays von drei Feuilletonisten der Weimarer Republik: Joseph Roth, Bernard von Brentano und Siegfried Kracauer. Sie waren nacheinander Kulturkorrespon-denten bzw. Leiter des Berliner Feuilletons der Frankfurter Zeitung. Der Österreicher Joseph Roth (*1894) kam 1920 als Journalist nach Berlin, schrieb zunächst für verschiedene Zeitungen, ab 1923 vor allem für die FZ; er sah sich selbst als „heimatlosen Nomaden“, schrieb damals neben zahllosen Artikeln die Romane „Das Spinnennetz“, „Hotel Savoy“ und „Die Rebellion“. Seine Beobachtungen in Berlin nennt Rautenstrauch „Melancholische Vergangenheitsträume“. Roth galt als konservativ, das macht sich auch bemerkbar, wenn er sich über einen „Wollenkratzer-Wettbewerb“ an der Friedrichstraße, das Gleisdreieck, die Siegessäule, die Gedächtniskirche oder den Reichstag äußert. Roth verließ Berlin 1925 und arbeitete dann als Paris-Korrespondent der FZ. Er starb 1939. Sein von ihm vorgeschlagener Nachfolger in der Hauptstadt wurde Bernard von Brentano (*1901), der deutlich progressiver war und die Berliner Entwicklungen positiv begleitete. Ausgewertet hat Rautenstrauch Brentano-Texte über den Bahnhof Friedrichstraße, den Kurfürstendamm, die Gedächtniskirche, das Capitol-Kino von Hans Poelzig und über Filmarchitektur (konkretisiert an METROPOLIS und BERLIN – DIE SINFONIE DER GROSSSTADT). Brentano verabschiedete sich 1930 von der FZ, arbeitete danach als Schriftsteller, emigrierte 1933 in die Schweiz und starb 1964. Sein Nachfolger als Leiter des Berliner Feuilletons wurde Siegfried Kracauer (*1889), der zuvor in Frankfurt gelebt hatte, aber Berlin aus vielen Besuchen kannte. Er bezog mit seiner Frau eine Wohnung in der Sybelstraße 35. Auch in seinen Texten, die hier analysiert werden, geht es vor allem um Architektur, zum Beispiel den Auguste-Viktoria-Platz, den Alexanderplatz, die Warenhauswelt, die Kino- und Filmarchitektur, die Lindenpassage und die Unterführung zwischen Droysenstraße und Windscheidstraße. Im Februar 1933 floh Kracauer mit seiner Frau nach Paris, 1941 gelang ihm die Emigration in die USA. Er starb 1966. Im Blick auf die drei Autoren und ihre damaligen Texte über Schauplätze in Berlin, ist das Buch spannend zu lesen und eine Bereicherung der Literatur über die Weimarer Republik. Mehr zum Buch: berlin-im-feuilleton-der-weimarer-republik