Texte & Reden
23. Juni 2016

Laudatio auf Thomas Kufus

Verleihung des Artur-Brauner-Preises 2016

Lieber Thomas, sehr verehrter Artur Brauner, meine Damen und Herren,

die Jury des Artur-Brauner-Preises – das sind Kirsten Harms, Volker Hassemer, Walter Momper, Hans Helmut Prinzler und Artur Brauner als Vorsitzender – vergibt heute diesen Preis an den Produzenten Thomas Kufus für den Film DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER.

Der Film erfüllt aus unserer Sicht in hervorragender Weise das Ziel, die Verständigung zwischen Juden und Christen sowie die Toleranz zwischen Menschen unterschiedlicher Religionen, Kulturkreise, Hautfarbe und gesellschaftlicher oder ethnischer Herkunft zu fördern, wie es im Stiftungszweck festgelegt ist. Er leistet einen Beitrag zur geschichtlichen Wahrheitsfindung, die eine Voraussetzung für Toleranz in Gegenwart und Zukunft ist.

Thomas Kufus, geboren 1957 in Essen, hat keine Filmschule besucht. Er ist Autodidakt. 1990 gründete er zusammen mit Martin Hagemann die Firma „zero film“, die beiden trennten sich später, blieben aber durch das Wort „zero“ verbunden: Martin Hagemann betreibt „zero fiction film“, Thomas Kufus „zero one film“.

In den vergangenen 25 Jahren hat Thomas Kufus über hundert Filme und Serien produziert – Spielfilme und Dokumentarfilme, fürs Kino und fürs Fernsehen. Ich nenne, nur zur Erinnerung, A TICKLE IN THE HEART, BLACK BOX BRD, SCHWARZWALDHAUS 1902, UNSERE 50ER JAHRE (hier hat er zum Teil selbst Regie geführt), WIEGENLIED, DIE KINDER SIND TOT, MORE THAN HONEY, FRANCOFONIA. Das waren Filme von Stefan Schwietert, Andres Veiel, Tamara Trampe und Johann Feindt, Aelrun Goette, Markus Imhoof und Alexander Sokurow, die man alle sehr schätzen muss.

Sein Großprojekt 24 STUNDEN BERLIN, ausgestrahlt im September 2009, hat Thomas Kufus international bekannt gemacht. 2014 folgte 24 STUNDEN JERUSALEM, das nur durch den persönlichen Einsatz von Thomas vor Ort gerettet wurde – und demnächst gibt es 24 STUNDEN BAYERN. Die künstlerische Leitung bei diesen Echtzeit-Filmen hat Volker Heise.

Immer wieder begeben sich Regisseurinnen und Regisseure in Projekten, die Thomas Kufus produziert, auf eine Spurensuche nach Geschichte und Zeitgeschichte.

Dies war auch bei dem Film DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER der Fall. Der Film blickt zurück in die Bundesrepublik der 50er Jahre, in der die Vertuschung der Nazi-Verbrechen und die Intoleranz gegen gesellschaftliche Einzelkämpfer dominant waren. Im Mittelpunkt des Films steht eine historische Figur: der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, der damals die öffentliche Auseinandersetzung mit der Holocaust-Thematik gefordert und eine entscheidende Rolle beim Zustandekommen des Auschwitz-Prozesses gespielt hatte. Der Film zeigt seine Aktivitäten beim Aufspüren von Adolf Eichmann in Argentinien und die Zusammenarbeit mit dem israelischen Geheimdienst, da er der deutschen Justiz und Polizei in diesem Zusammenhang misstraute.

Der historischen Person Fritz Bauer wird im Film die fiktive Figur des jungen Staatsanwalts Karl Angermann an die Seite gestellt, der Bauer, trotz persönlicher Gefährdung einschließlich einer Anklage wegen Landesverrats, bedingungslos unterstützt. Thematisiert werden außerdem Fragen der sexuellen Orientierung, die damals im Hintergrund eine Rolle spielten. Die beiden Hauptdarsteller Burghart Klaußner und Roland Zehrfeld sind überragend in der Profilierung ihrer Figuren und im Zusammenspiel ihrer Interessen. Das Drehbuch von Lars Kraume und Olivier Guez liefert ihnen dafür die besten Voraussetzungen. Natürlich hat auch die Regie von Lars Kraume ihren hohen Anteil am Gelingen des Films.

Der Preis am heutigen Abend geht an den Produzenten, der den Mut zu diesem Projekt hatte. Er ist dafür bereits vielfältig ausgezeichnet worden, zuletzt im Mai mit dem Deutschen Filmpreis, der Goldenen Lola.

Lieber Thomas, ich gratuliere Dir im Namen der Jury zum Artur Brauner Preis 2016. Er ist mit 25.000 € dotiert. Es gibt keine Statue, aber einen Scheck.

(23.Juni 2016, Kino im Hollywood Media Hotel)

Foto: Lars Kraume, Artur Brauner, Burghart Klaußner und Thomas Kufus, fotografiert von Mike Auerbach.