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26. Januar 2016

Texte von Claude Lanzmann

2015.LanzmannIm vergangenen November wurde Claude Lanzmann neunzig Jahre alt. Sein großes Filmwerk über die Vernichtung der Juden durch die National-sozialisten, SHOAH, wurde vor 31 Jahren im Forum auf der Berlinale gezeigt. Natürlich hat ihn vor allem dieser Film berühmt gemacht. Man vergisst leicht, dass es auch ein Vor-SHOA-Leben von Lanzmann gab, in dem er u.a. als Journalist für die von Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir herausgegebene Zeitschrift Les Temps modernes, aber auch für die Frauenzeitschrift Elle geschrieben hat, zum Teil unter dem Pseudonym Jean-Jacques Delacroix. Im Rowohlt Verlag ist jetzt – nach seinen Erinnerungen „Der patagonische Hase“ (2010) – eine Auswahl von Reportagen, Erzählungen, Porträts und Polemiken erschienen, die sehr lesenswert sind. Unter den 19 Porträts findet man Texte über die Schauspielerin Edwige Feuillère, den Pantomimen Marcel Marceau, den Regisseur Jacques Tati, den Sänger Charles Aznavour, die Schauspieler Sami Frey, Jean-Paul Belmondo, Françoise Périer, Richard Burton und die Anfänge von Serge Gainsbourg, alle aus den 1960er Jahren. Polemisch ist seine Entgegnung an Gilles Deleuze zu Fassbinders und Daniel Schmids SCHATTEN DER ENGEL, den er für antisemitisch hält. Die Darstellung des Holocaust in Steven Spielbergs SCHINDLERS LIST findet Lanzmann „unmöglich“. Sie ist dem Kapitel „Rund um SHOAH“ zugeordnet. Unter den abschließenden „Würdigungen und Grabreden“ hat mich der Brief an den japanischen Regisseur Noriaki Tsuchimoto sehr beeindruckt und die Trauerrede am Grab seiner Mutter sehr berührt. Das Titelbild stammt vom berühmten Grabdeckel des Tauchers in Paestum. Mehr zum Buch: das-grab-des-goettlichen-tauchers.html