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18. Juni 2015

Michael Degen / Oskar Werner

U1_978-3-87134-768-9.inddLiechtenstein 1983. Nach einer Gastspielaufführung von Strindbergs „Fräulein Julie“ in der Inszenierung von Ingmar Bergman wird der Schauspieler Michael Degen von seinem Kollegen Oskar Werner zu einem Drink in dessen Haus in Triesen eingeladen. Es wird eine lange Nacht, in der viel getrunken und fast pausenlos geredet wird. „Roman einer wahren Begegnung“ lautet der Untertitel des Buches. Zwei Schauspieler konfrontieren ihre Erinnerungen: die unterschiedlich verlaufenen Leben, ihre schönsten Rollen, die Zusammenarbeit mit bekannten Regisseuren und berühmten Kollegen, die nicht zu vergessenden Höhepunkte und Krisen in ihrem Beruf. Sie wissen viel von einander, sie haben eine erstaunliche Empathie zueinander. Am Anfang dominiert Oskar Werner, der eigentlich Oskar Josef Bschließmayer hieß, zehn Jahre älter ist als sein Gesprächspartner und den Platzvorteil im eigenen Haus nutzt. Im Laufe der Nacht gewinnt Michael Degen deutlich an Punkten, weil er beruflich noch nicht resigniert hat und etwas weniger trinkt als sein Gegenüber. Teils anekdotisch, teils in differenzierter Bewertung wird über Werner Krauß, Josef Kainz, Gustaf Gründgens, Elisabeth Bergner, Käthe Reichel, Klaus Kinski, über Ingmar Bergman, François Truffaut, Jürgen Fehling, Lothar Müthel, Peter Stein, Rudolf Noelte und Harry Buckwitz gesprochen. Wie interpretiert man die großen Rollen: den Prinzen von Homburg, Don Karlos, den Ferdinand in „Kabale und Liebe“ und vor allem Shakespeares Hamlet? Es gibt Dialoge in diesem Roman, bei denen man glaubt, der Autor habe sie damals heimlich aufgezeichnet. Mit fortschreitender Zeit häufen sich natürlich auch Redundanzen, aber wenn dann, ziemlich zum Schluss, Oskar Werner über den gescheiterten Selbstmordversuch seiner Mutter spricht und Michael Degen über die Jahre 43/44/45 im Untergrund in Berlin, die er dank seiner Mutter überlebt hat, dann gewinnt der Text noch einmal an Intensität. In einem „Epilog“ werden wir über das Ende von Oskar Werner informiert, am 23. Oktober 1983 in Marburg nach einem Herzinfarkt. – Es ist mehr ein Theater- als ein Filmbuch, es handelt von Kunst, Geschichte und Politik, es ist lesenswert. Mehr zum Buch: Der_traurige_Prinz.3075208.html