Aktuelles
12. Mai 2015

Ernest Borneman: zwei Bücher

2015.Borneman 1Ernest Borneman (1915-1995) war ein politisch engagierter, vielseitig begabter Autor, der in Berlin geboren wurde, mit 18 Jahren ins Exil nach London ging, dort in vielen Funktionen tätig war, 1940 nach Kanada gebracht und dort interniert wurde, für das National Film Board of Canada Dokumen-tarfilme drehte, 1946 in London ein Buch über die Geschichte des Jazz publizierte, 1948 in Paris Chef der Unesco-Filmabteilung wurde, 1949 bei CBS als Fernsehspielleiter tätig war, in den 50er Jahren als Autor für die BBC, CBS und andere Anstalten arbeitete, Drehbücher und Romane schrieb, 1960 Programmchef der „Freies Fernsehen GmbH“ in Eschborn wurde, 1961 zum Film & Radio Department der Agentur Foote, Cone and Belding wechselte, 1970 nach Österreich umzog und fortan vor allem als Sexualwissenschaftler reüssierte. Er starb im Juni 1995 in Scharten (Österreich) durch Suizid. So einen wechselhaften und kreativen Lebenslauf (ich habe nur die wichtigsten Stationen genannt) würde man kaum für möglich halten, wenn er nicht in zwei gerade erschienenen Publikationen dokumentiert und beglaubigt würde. Im Wallstein Verlag ist die Biografie „Moderne Lüste. Ernest Borneman – Jazzkritiker, Filmemacher, Sexforscher“ erschienen, in der Detlef Siegfried auf mehr als 400 Seiten Bornemans Leben erzählt. Seine drei Kapitel haben die Überschriften „Hören“ („Die Ethnologie des Jazz“), „Sehen“ („Das Leben auf der Leinwand“), „Berühren“ („Sex und Gesellschaft“). Sie sind durch 1.351 Quellenverweise abgesichert, lesen sich aber sehr flüssig, weil der Autor seinen Text nicht als wissenschaftliches Werk sondern als Biografie konzipiert hat und die Spielregeln dieser literarischen Gattung bestens beherrscht. So lernt man viel über ein ungewöhnliches Leben und speziell die drei Gebiete, auf die Detlef Siegfried sich besonders konzentriert: Jazz, Film, Sex. Ich bin beeindruckt. Mehr zum Buch von Siegfried: moderne-lueste.html

2015.Borneman 3Die beiden Autoren Rolf Aurich und Wolfgang Jacobsen haben mit Detlef Siegfried offenbar gut kooperiert, die Publikationen kommen sich auch nicht in die Quere. Aurich und Jacobsen konzentrieren sich in ihrem Buch (128 Seiten), weitgehend auf die Bereiche Film, Fernsehen und Exil, sie begnügen sich mit 165 Anmerkungen und Quellenverweisen, auch ihr Text bleibt immer konkret am Leben und Werk von Borneman, verlagert manche Informationen in die nützliche Chronik und in die Filmografie. In beiden Auflistungen werden die recherchierten Fakten unterschieden von Aussagen und Angaben von Borneman, für die es keine Absicherung gibt. Das schafft Vertrauen und Glaubwürdigkeit, die man bei der Darstellung dieses überquellenden Lebens herstellen muss. Die Abbildungen sind akzeptabel. Mehr zum Buch von Aurich/Jacobsen: 9783869164069#.VUTaYByWFgs