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07. Februar 2015

Scenario 9

2015.Scenario 9Ein Kegler würde jetzt wohl sagen „Alle Neune!“. Und sich über den Wurf freuen. Aber das Kegeln ist nicht meine Welt, und so sage ich mit einer Verbeugung vor dem Heraus-geber Jochen Brunow: der neunte Band von „Scenario“ ist da, und es gibt Grund zur Freude. In einer Veranstaltung im Museum für Film und Fernsehen wird heute der neue Film- und Drehbuchalmanach präsentiert. Er ist wieder mit Unterstützung der Deutschen Filmakademie erschienen, und die Präsidentin Iris Berben wird heute ausgewählte Texte daraus lesen. Die Auswahl wird ihr nicht ganz leicht gefallen sein, denn es gibt wieder viele interessante Beiträge. Das Werkstattgespräch hat Jochen Brunow zum zweiten Mal (nach Ruth Toma in „Scenario 2“) mit einer Autorin geführt: mit Heide Schwochow, der Mutter des Regisseurs Christian Schwochow, die bisher fünf Drehbücher geschrieben hat, zuletzt BORNHOLMER STRASSE (2014). Sie stammt aus der DDR, hat verschiedene Ausbildungen absolviert und kann sehr reflektiert über ihre Arbeit als Autorin sprechen. Die vier „Essays“ stammen von dem dffb-Absolventen Paul Salisbury („Mein Weg vom Tagträumer zum Drehbuchautor in nur 360 Monaten“), Thomas Knauf („Erinnerungen an eine Filmschule“ – zum 60. Geburtstag der HFF Konrad Wolf), Sascha Arango („Erzählen und Verschweigen oder vom Drehbuch zum Roman und wieder zurück“ – ein glänzend formulierter Erfahrungsbericht über seinen erfolgreichen Ausflug in die Literatur, zum Verlag Random House) und Gerhard Midding (über Jean-Claude Carrière und sein Buch „Der Kreis der Lügner“). Das „Journal“ von Xao Seffcheque erzählt die Entstehungsgeschichte seines Films DIE KLEINEN UND DIE BÖSEN und dokumentiert vor allem seine Beharrlichkeit. In der Rubrik „Backstory“ ist zunächst, eingeleitet von Gerhard Midding, der überarbeitete Nachruf von Bertrand Tavernier auf den amerikanischen Drehbuchautor David Rayfiel (1923-2011) dokumentiert. Dann folgt ein hervorragend recherchierter Text von Michael Töteberg über die Mitarbeit des Autors Hans Werner Richter am Drehbuch des Film VON GOTT UND DEN MENSCHEN (1955) von Erich Engel und Richters Versuch, seine Erfahrungen in der Filmwelt in einem satirischen Hörfunkfeature („Pipapo – Die Geschichte eines Drehbuchs“, 1955) zu verarbeiten, das nach der Erstsendung im NWDR durch juristische Einsprüche im Giftschrank landete und später in Vergessenheit geriet. Auch eine Fernsehversion von Michael Kehlmann (unter dem Titel DIE WEICHEN SIND FALSCH GESTELLT, 1956) wurde verhindert. Die „Lesezeichen“ führen zu den Büchern „Erzählstimmen im aktuellen Film“ von Christina Heiser (Jochen Brunow verbindet dies mit eigenen Überlegungen zur Voice-over-Narration), „Der Klang des Films“ von Peter Rabenalt (rezensiert von Elke Rössler), „Der Tramp und die Bombe“ von James Agee und „Verzehrt“ von David Cronenberg (beide Texte von Manuela Reichart) und diversen Titeln im Lektürestreifzug von Andreas Resch. Das Drehbuch des Jahres, „In den Gängen“, stammt von Thomas Stuber und Clemens Meyer und wurde gestern von der Kulturstaatsministerin Monika Grütters ausgezeichnet. Coverfoto: NOVEMBERKIND. – Nun freuen wir uns auf „Scenario 10“.