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27. Februar 2015

Fünf Fälle des Kommissars Rath

2015.Kutscher5Ich habe den Autor Volker Kutscher sehr spät entdeckt, aber die fünf Romane „Der nasse Fisch“, „Der stumme Tod“, „Goldstein“, „Die Akte Vater-land“ und „Märzgefallene“ jetzt hintereinander gelesen und bin beeindruckt, wie gut sich hier das Berlin der Jahre 1929 bis 1933 mit spannend erzählten Kriminalfällen verbindet. Die Hauptfigur, Kommissar Gereon Rath, kommt aus Köln, ist ein Individualist, der gern eigene Wege geht, arbeitet zunächst im Sittendezernat, dann in der Mordinspektion des Polizei-präsidiums, hat sympathische Vorgesetzte (den Buddha Ernst Gennat an der Spitze der Abteilung) und unsympathische (den Oberkommissar Wilhelm Böhm), verliebt sich in die Stenotypistin „Charly“ Ritter, die später Jura studiert und dann Kommissaranwärterin wird, und ermittelt in verschiedenen Mordfällen, die viel mit der deutschen Vergangenheit zu tun haben und komplizierter sind als alle erwarten. Rath, der ein heimliches Bündnis mit dem Unterweltboss Johann Marlow eingegangen ist und eine Zweckverbindung mit dem Journalisten Berthold Weinert pflegt, scheut bei seinen Ermittlungen keine Risiken, gerät mehrfach in persönliche Schwierigkeiten, streitet sich häufig mit Charly, fährt gern mit seinem Buick durch die Stadt, trinkt mehr als ihm gut tut und muss immer dafür sorgen, dass der Hund Kirie versorgt ist, dessen Besitzer ermordet wurde. Die vielen Wechsel im Kreis der Kollegen, der Vorgesetzten und Untergebenen, lasse ich mal beiseite, sie sorgen für persönliche Spannungen in allen fünf Bänden.

2015.Kutscher2Im zweiten Fall, „Der stumme Tod“ (er spielt im Jahr 1930), geht es dezidiert ums Thema Kino, um den Übergang vom Stummfilm zum Tonfilm, um die Konkurrenz zwischen Produktionsfirmen, um Schauspielerinnen, die ihre Stimmbänder verlieren, weil ein Serientäter ihnen nachstellt. Das ist vom Autor erstaunlich gut recherchiert, bringt technische Aspekte mit Publikums-wahrnehmungen in Verbindung und bleibt seinem Anspruch, Zeitgeschichte spannend zu erzählen, treu. Der dritte Band, „Goldstein“, die Erlebnisse des amerikanischen Gangsters ‚Abe‘ Goldstein in Berlin, hat mir bisher am besten gefallen. Auch hier werden verschiedene Geschichten miteinander verknüpft, und eine besondere Rolle spielt das obdachlose Mädchen Alexandra. Natürlich wird der Antisemitismus jener Jahre thematisiert, auch die Konflikte zwischen Nazis und Kommunisten spitzen sich immer wieder zu. Während Gereon Roth sich als Ermittler positioniert und politisch neutral bleiben will, engagiert sich Charly gegen die Nazis. Deren Machtübernahme 1933 (ein Thema des fünften Bandes, „Märzgefallene“) macht sie so krank, dass sie sich aus dem Kommissariat verabschiedet. Aber sie heiratet dann doch ihren Gereon, auch wenn sich die beiden viel streiten. Die Serie ist noch nicht zu Ende. Kutscher arbeitet am sechsten Band. Und Tom Tykwer bereitet die Verfilmung als Serie für die ARD und SKY vor. Sie hat den Arbeitstitel BABYLON BERLIN. Mehr zu den Büchern: www.gereonrath.de/die-buecher.html