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21. März 2014

Indiens Kino-Kulturen

2014.IndienSeit zehn Jahren kennt und liebt man in Deutschland den „Bollywood-Film“, aber er ist natürlich nur ein Teil der inzwischen 100jährigen Kino-Kultur Indiens. Das kürzlich erschienene Buch, herausgegeben von Susanne Marschall und Rada Bieberstein (Professorin und Akademische Rätin in Tübingen) gibt einen guten Überblick über die verschiedenen Orte, Stile und Traditionen der indischen Filmgeschichte. Die ersten sechs Aufsätze handeln vom Wandel des Unterhaltungsfilms: vom „Masala-Film“ (Text: Hannah Birr), von Schauspielerinnen und Schauspielern (Susanne Marschall), von Kostümstrategien (Daniel Devoucoux), der Darstellung von Heimat und Lebenswelt (Andrea Nolte), dem kommerziellen Hindi-Kino in der Rezeption zwischen Ost und West (Alexandra Schneider) und dem Diskurs über Bollywood (Katja Molis). Im zweiten Teil stehen Figuren und Motive im Mittelpunkt; Irene Schütze stellt interessante bildwissenschaftliche Überlegungen zur Symbolik und Ästhetik der Naturphänomene in indischen Liebesszenen an („Wasser, Wind und Regen“), Rada Bieberstein beschreibt sechs Elemente aus dem Bilderbuch Indiens („Göttin, Mutter, Frau, Wasser, Erde, Farbe“), bei Florian Krauß geht es um die „Männerbilder im zeitgenössischen Hindi-Kino“, bei Meike Uhrig um Übergangsmotive und Farbsymbolik; originell ist Vera Cuntz-Lengs Text über „Cricket im indischen Kino“. Bernd Zywietz beschäftigt sich mit dem „Terrorismus in Bollywood“. Im dritten Teil („Exemplarischen Studien“) hat mich der Text von Jennifer Bleek über das „Bildmotiv der Eisenbahn in Satyajit Rays APU-Trilogie“ mit seinen Verweisen auf westliche Eisenbahn-Filme am stärksten interessiert. Ray war der erste indische Regisseur, den ich in den 1960er Jahren sehr verehrt habe. Auch die Texte von Daniel Wisser über Gutu Dutts, von Lisa Gadatsch über Mira Nairs schönen Film SALAAM BOMBAY! und von Ziata Krake-Ovcharova über Farah Khna sind lesenswert. Hier sind auch drei Gespräche von Marschall/Bieberstein abgedruckt: mit dem inzwischen 90jährigen Mrinal Sen, mit Loveleen Tandam und Javed Akhdar; Auszüge daraus kann man auf einer beigefügten DVD hören. Die meisten Abbildungen sind zwar relativ klein, aber technisch hervorragend. Trotz fehlenden Registers: Basisliteratur zum indischen Film. Mehr zum Buch: geschichte-dramaturgie-aesthetik.html