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02. Mai 2013

Gustaf Gründgens

2013.Gründgens2Im September 1963, also demnächst vor fünfzig Jahren, starb auf einer Weltreise in Manila der Schauspieler und Regisseur Gustaf Gründgens im Alter von 63 Jahren. Er war eine Schlüsselfigur des deutschen Theaters in der Zeit der Weimarer Republik, unter der Nazi-Herrschaft und in der frühen Bundesrepublik. Seine Nähe zu Hermann Göring wurde zu einer großen Hypothek, andererseits verhalf ihm die Fürsprache jüdischer Exilanten später zur Entnazifizierung. Er war eine Persönlichkeit, die polarisierte. Der Autor (und promovierte Theaterwissenschaftler) Thomas Blubacher hat bereits 1999 und 2011 zwei Anläufe zu einer Gründgens-Biografie genommen, jetzt ist ihm so etwas wie eine definitive Fassung gelungen. Sie ist hervorragend recherchiert, gut lesbar und weicht auch den Ambivalenzen des privaten Gründgens nicht aus. Beginnend mit dem ziemlich geheimnisvollen Tod wird das Leben von GG weitgehend chronologisch erzählt. Viele frühere Kolleginnen und Kollegen kommen zu Wort. Ein Schwerpunkt ist die Zeit des Nationalsozialismus. Spannend finde ich auch die Darstellung der unmittelbaren Nachkriegsjahre. Die Filmarbeit von Gründgens tritt gegenüber der Theaterarbeit etwas in den Hintergrund. Immerhin hat er in 28 Filmen mitgespielt und bei fünf Filmen auch Regie geführt. Als Schränker in M (1931) von Fritz Lang und als Baron von Eggersdorf in LIEBELEI (1933) von Max Ophüls ist er unvergesslich. Blubacher erzählt ein ungewöhnliches Künstlerleben im Spannungsfeld deutscher Geschichte und psychischer Individualität. Sehr lesenswert. Mehr zum Buch: 0.6.7.8.0.1