Texte & Reden
14. April 2010

REBEL WITHOUT A CAUSE (1955)

Text für eine Publikation des Verlages Schirmer/Mosel

James Dean war 23, als er seine erste große Filmrolle spielte, in Elia Kazans east of eden. Die Premiere seines zweitens Films, rebel without a cause, hat er nicht mehr erlebt. Er starb am 30. September 1955 bei einem Autounfall. Als sein dritter und letzter Film, giants, ins Kino kam, ist er schon ein Mythos.

Dean geht als Protagonist einer lost generation in die Filmgeschichte ein, und es sei dahingestellt, ob es für ihre Rebellion keine Gründe gab. Sie wollen nicht so werden wie ihre Eltern, aber sie wissen nicht, wie sie das schaffen sollen. Sie verletzen die bürgerlichen Spielregeln, sie trinken, sie mobben die Schwächeren. Dean spielt den siebzehnjährigen Jim Stark, gerade mit den Eltern zugezogen, neu in der High School und zu Beginn des Films schon ein Außenseiter. Innerhalb von 48 Stunden – das ist die Handlungszeit des Films – positioniert er sich zwischen den Fronten, macht mit der Polizei Bekanntschaft, übersteht ein Messerduell und die Mutprobe eines Autozweikampfs, beginnt eine Liebesgeschichte und kann am Ende den Tod eines Jungen nicht verhindern, der sich mit ihm befreundet fühlt. Die Story entwickelt sich sprunghaft, setzt auf eskalierende Höhepunkte und versucht, das tragische Ende mit einer Generationsversöhnung zu verbinden.

Die Idee zu rebel without a cause stammt von Nicholas Ray (1911-79), der auch für die Regie verantwortlich ist. Gedreht wird im Frühjahr 1955 in Los Angeles, von Beginn an in CinemaScope, die ersten Tage in Schwarzweiß, dann findet ein Wechsel zur Farbe statt. Hinter der Kamera steht mit Ernest Haller ein Profi, der in vielen Genres Erfahrungen hat. Erzählt wird die Geschichte weitgehend aus der Perspektive von Jim, beginnend mit der berühmten Einstellung, in der Dean in der Nacht betrunken am Boden liegt und mit einem Spielzeugäffchen spielt. Auf der Polizeistation lernt er das Mädchen Judy und den kleinen Plato kennen. Die ersten Fäden sind dramaturgisch geknüpft.

Wider Willen gerät Jim am ersten Tag in der neuen High School-Klasse in eine Konfrontation mit dem Cliquenchef Buzz. Aber der Messerkampf wird nicht bis zum bitteren Ende ausgetragen. Als Mutprobe wird ein chicken run verabredet: ein Autorennen auf einen Abgrund zu. Wer sich zuerst aus dem Wagen fallen lässt, hat verloren und gilt als Feigling. Die Inszenierung auf der Klippe ist spannungsgeladen. Judy, noch die Freundin von Buzz, gibt das Startzeichen, am Ende ereignet sich eine Katastrophe, weil sich die Lederjacke von Buzz in der Tür verhakt. Er stürzt in die Tiefe.

Auf der Flucht vor der Polizei und den neuen Anführern der Klassenclique geraten Jim, Judy und Plato zunächst in ein einsames Haus, in dem sie sich wie eine heile Familie fühlen, und dann ins Griffith Planetarium. Dort findet der Showdown statt. Am Ende liegt Plato, bekleidet mit Jims roter Windjacke, auf der Bahre.

Schuld an der Orientierungslosigkeit der Jugend gibt der Film den Eltern. Die Väter sind feige oder gewalttätig, die Mütter hartherzig oder hilflos. Natürlich möchte auch einer wie Jim vor allem geliebt werden. Er will die Gesellschaft nicht ideologisch verändern, sondern ihre Protagonisten nur etwas mutiger machen. James Dean, der Einzelgänger, der mit Natalie Wood (Judy) drei oder vier wunderbare Liebesszenen hat, ist eine ideale Inkarnation der Hauptfigur. Vielleicht auch, weil er so viele Geheimnisse seiner Wirkung nach diesem Film mit ins Grab genommen hat. Zu dem Regisseur Nicholas Ray hatte er Vertrauen wie zu einem guten Vater.

Das Schwarzweiß der Fotografien von Dennis Stock macht die Bilder härter und fremder, als sie in der farbigen Kontinuität des Films wirken. Dean zieht unsere Blicke auf sich, sein Gesicht dominiert im Raum.

Magnum am Set. Schirmer/Mosel 2010

Foto: Dennis Stock / Magnum